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Situation bei uns
In Europa wurden vor allem jene Sekten zum Problem, die Jugendliche ansprechen. In der Bundesrepublik Deutschland sollen sie bereits 150.000 Mitglieder haben. In Österreich ist es noch nicht soweit. Immerhin sollen zwei von hundert Österreichern einer Sekte angehören (mit steigender Tendenz), wobei die älteren Sekten mit (vor allem in den USA) gewaltigen Mitgliederzahlen die Hauptrolle spielen: Mormonen, Zeugen Jehovas, Neuapostolische Kirche, Adventisten des Siebten Tages. (Die Grenzen zwischen Sekten und Kirchen fließen.)
Unter den neuen, junge Menschen anwerbenden Sekten ist die Vereinigungskirche am „etabliertesten“. Sie hat es schon zu einem Shake-hands-Photo ihres Gründers San Myung Mun mit US-Präsident Nixon gebracht. 500.000 „Munies“ in mindestens 80 Ländern leben zum Großteil in Wohngemeinschaften. Sie treten meist ledig ein, brechen ihr Studium ab und werden mit Partnern, die ihnen die Leitung zuteilt, in Massentrauungen verheiratet. Die Mun-Sekte hat eine Reihe von Vorfeldorganisationen, deren Verbindung mit der Vereinigungskirche nicht leicht erkennbar ist, in Österreich die „Edition Neue Mitte“ und die Zeitschrift „Integral“, deren Autoren oft selber nicht genau wissen, für wen sie schreiben.
Typische Züge der Munie-Sek-te: Dämonenglauben, militanter Antikommünismus, ein Leben in Erwartung des Dritten Weltkrieges und die Bereitschaft zu Verzichtleistungen, die als „Abbezah-lung an den Satan“ gelten, der als Herr der Menschen ein Recht darauf habe. Harter Kern des österreichischen Anhangs: rund 250.
Überaus dynamisch und dadurch doppelt gefährlich sind die Scientologen, die den Teilnehmern ihrer (in den höheren Stufen
keineswegs billigen) Kurse einen als „clear“ bezeichneten, besonders positiven Zustand in Aussicht stellen, den von den (von der Sekte selbst genannten) 15 Millionen Teilnehmern bislang 7000 erreicht haben sollen: „Ein Clear bekommt keinen Schnupfen!“
österreichische Kursteilnehmer: 1500. Gearbeitet wird unter anderem mit einem als „religiöses Gerät“ beziehungsweise „Beichthilfe“ bezeichneten „Widerstandsmeßgerät“, das „positive und negative Reaktionen“ registriert. Sehr übel genommen, aber erfolglos eingeklagt wurde von den Scientologen eine Feststellung der deutschen Konsumenteninformation (Aktion Bildungsinformation), ihre Praxis sei eine ernste Bedrohung der Gesellschaft, medizinisch, moralisch und sozial.
Viel familiäres Leid verursachten die „Kinder Gottes“, von denen es zum Glück in Österreich nur eine Handvoll gibt. Sie sind eine jener Sekten, die totale Jüngerschaft und Aufgabe allen Eigentums (natürlich zugunsten der Sekte) fordern; nicht ohne Grund nannte Sektengründer David Berg seinen weiblichen Anhang „meine Hennen, die goldene Eier legen“. Er wird von einem „Geist Ibrahim“ geführt, der der Gruppe (weltweit: rund 8000) eine widerwärtige Mischung von religiöser Trivialität, Pornographie und sexueller Ausschweifung gebot.
Eine eigene Gruppe bilden die Importe aus Indien, wie „Transzendentale Meditation“, die weltweit rund eine Million, in Österreich etwa 1000 Anhänger fand, deren zunehmendes Eindringen in die Weisheit der Mantra-Medi-tation mit steigenden Kosten verbunden ist. Auch Guru Maraj Ji (siehe Plakatphoto) bereitet dem Vernehmen nach einen neuen Vorstoß seiner Divine Light Mission auf dem österreichischen Markt vor.
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