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Meisterleistung: Lexikon der Kirchen
Jeder Österreicher hat im Grunde genommen zwei Berufe: einen, von dem er lebt, und einen, -für den er lebt. Diese Tatsache wird wieder sichtbar an dem Werk von Johannes G r ü n d 1 e r, „Lexikon der chrisi Ii c'hen'Kirches- und Sekte n“, das vor kurzem im Verlag Herder, Wien, erschienen ist (2 Bände, 934 Seiten. Preis 440 S). Der Verfasser war nämlich Bezirkshauptmann von Lilienfeld, ist jetzt Bezirkshauptmann von Wiener Neustadt und hat dennoch in 16 Jahren mühseliger Arbeit dieses Werk zusimmengestellt. Wohlgemerkt, neben seinem Beruf als Bezirkshauptmann nicht gerade leicht zu verwaltender politischer Bezirke/ Dies erhöht noch den Wert des vorliegenden Werkes. Es ist wahrlich eine erstaunliche Leistung, die Johannes Gründler erbracht hat. Zunächst allerdings ist der Leser versucht, zu vermuten, daß hier eine Konkurrenz gegen das einst weltberühmte Werk von Algermissen, „Konfessionskunde“, vorliegt. Aber bereits nach einem kurzen Einblick in die zwei Bände wird er erkennen, daß es sich hier um ein völlig anderes Werk handelt. Es ist nämlich der erste Versuch, tatsächlich alle erfaßbaren christlichen Kirchen und Sekten auf der ganzen Welt lexikographisch zu registrieren und zu beschreiibu
Hier nun merkt der1 Leser sofort die erstaunliche Leistung, die diese zwei Bände darstellen, denn der Autor beschreibt rund 2600 christliche Kirchen, Religionsgemeinschaften und Sekten. Von jeder wird die Gründung und ihre Geschichte angegeben, ihre Lehre, ihre Verfassung und ihre Zugehörigkeit zu größeren zwischenkirchlichen Organisationen. Die großen Kirchen, wie die katholische, mit allen ihren Riten, die verschiedenen orthodoxen Kirchen, die diversen protestantischen Kirchen, nehmen natürlich den größten Raum ein, ebenso wie die bedeutendsten zwischenkirchlichen Verbände. Daneben kommen aber auch fast ganz unbekannte Sekten zur Sprache, die russischen Popowzen. die Altfriesen oder die Gralsbewegung und die Neuen-Geist-Sekten. Gerade heute, da alle Konfessionen durcheinandergemischt sind und auch die Sekten eine vielfach große Verbreitung gefunden haben, bildet das vorliegende Werk ein wertvolles Hilfsmittel für jeden Seelsorger, wie auch für jeden gebildeten Laien. Die Handhabung ist relativ leicht, weil jede Sekte ihre Kennziffer hat. Besonders praktisch ist das Personen-. Orts- und Sachregister, das mehr als 70 doppelspaltige Seiten umfaßt. Hier findet man alles Wissenswerte, auch die nichtoffiziellen Bezeichnungen mancher Sekten, und die verschiedenen Abspaltungen einet und derselben Sekte.
Manchmal sind fremdsprachige Wiedergaben nicht ganz richtig, die geschichtlichen Darstellungen werden dem historisch interessierten Leser manchmal zu kurz erscheinen. Gewisses statistisches Material kann natürlich nur bedingten Wert haben, da sich die Zahl und Ausbreitung der Sekten ja ständig ändert. Aber dies sind nur kleine, kaum ins Gewicht fallende Mängel, die der Rezensent pflichtschuldigst anbringen will, um zu beweisen, daß er trotz der Begeisterung über das Erscheinen dieses Werkes auch auf eifriger Suche war, irgendwelche Fehler oder sonstige negative Seiten nachzuweisen.
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