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Eine Einladung zu Spaziergängen auf den Pfaden der Philosophiegeschichte.

Wem ein Buch dieses Titels in die Hände fällt, der kann darauf nur mit Skepsis reagieren: Denkwege der Philosophiegeschichte. Hat man nicht die Philosophie in letzter Zeit dutzendemale kreuz und quer traktiert? Haben nicht gelehrte Experten ihr in dicken Wälzern den ultimativen Ausdruck geben wollen, während andere sich subversiv über Hintertreppen anschlichen? Hat man nicht häufig einen Denker zusammenhanglos an den anderen gereiht, die Denkgeschichte häppchenweise in Grundprobleme zerteilt, ihre Weisheit für kindliche Gemüter literarisiert! Welch eine Nische - fragt man sich - ist da noch unbesetzt?

Dass das vorliegende Buch solch nagende Zweifel schnell beseitigt, ist schon das erste Verdienst. In der Tat besticht das Buch, das das riesige Material in 17 Denkwegen kanalisiert, durch mehrere Stärken: Selten wird eine Philosophiegeschichte so ideologiefrei geschrieben und lässt alle Schulen und Strömungen ausgewogen und mit gleichbleibender Kompetenz zu Wort kommen. In der dichten Darstellung erkennt der Fachmann hinter manch einer scheinbar nebenbei hingeworfenen Bemerkung die Andeutung wichtiger und epochaler Kontroversen und staunt über die Recherchearbeit der Autoren.

Die Wege des Denkens umfassen ziemlich erschöpfend das, was nachdenkliche Menschen seit Jahrhunderten bewegt, sei es das Problem des Göttlichen, der Entwurf eines rechten Staatswesens, die Rolle der Philosophie als Lehrmeisterin des guten Lebens, die Sprache, die Kunst und anderes mehr. Die Anordnung der Wege entspricht einem historischen Ablauf. So reift die Kultur vom ersten Staunen über das Urprinzip der Wirklichkeit bis zu den diffizilen Erörterungen der Gegenwart zu Freiheit und sozialer Gerechtigkeit. Diese Anordnung hat zur Folge, dass einzelne Denker mit den jeweils dazu passenden Teilen ihres Rvres mehrfach auftauchen. Das ermöglicht, mit Hilfe des Personenregisters das Buch auch in traditioneller Manier, von den verzweigten Denkgebäuden der Philosophen her, zu lesen. Dazu sind 23 bebilderte Biografien der wichtigsten Philosophen eingebettet und eine Zeittafel am Ende angefügt.

Freilich ist auch dieses Konzept nicht ohne Preis zu haben. Insbesondere der Ehrgeiz, auch kleinere Beiträge der Philosophiegeschichte zu würdigen, verleiht der Darstellung manchmal den zweifelhaften Charme eines Lexikons. Um tatsächlich zu dem im Klapptext versprochenen Genuss philosophischer Essayistik zu gelangen, muss man selbst etwas tun. Man sollte die Denkwege öfters durchstreifen, Abkürzungen suchen, von einem zu einem entfernteren zu springen. So ließe sich zum Beispiel eine Straße der Gottesfrage durch das Buch legen: Man startet beim Gestrüpp des neuplatonischen Einen der Spätantike, biegt in die ausgetretene, schlaglochübersäte Schotterpiste vom Verhältnis von Kirche und Staat in Mittelalter und Reformation ein und eilt auf dem gut ausgebauten Weg der Scholastik mit ihrer Idealvorstellung der Harmonie von Vernunft und Glaube zum holprigen Pfad von Vernunftreligion und ihrer Kritik in der Neuzeit. Jeder kann sich seinen eigenen atemberaubenden Spaziergang durch die Kulturgeschichte zusammenstellen und damit etwas tun für das gute Leben.

Denkwege der Philosophiegeschichte

Von Martin Morgenstern und Robert Zimmer. Patmos Verlag, Düsseldorf 2003. 287 Seiten, geb., e 22,70

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