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Experimentelles

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„Alles in allem“ heißt der erste abendfüllende Spielfilm des jungen Kanadiers Claude Jutra, der dabei gleich als Regisseur, Coproduzent, Drehbuchautor, Cutter und Hauptdarsteller verantwortlich zeichnet. Jutra erzählt die Geschichte seiner Liebesbeziehung zu dem Negermannequin Johanne, schildert den traumhaften Beginn und das abrupte Ende. Die Hauptrollen werden von den handelnden Personen gespielt, der Regisseur betreibt also eine Art Selbstheifang durch Psychoanalyse in aller Öffentlichkeit. Dabei arbeitet er mit allen Mitteln moderner Filmtechnik — allerdings stark inspiriert durch die Filme der „Neuen Welle“ — mit unvermuteten Schnitten ebenso wie mit plötzlich eingeblendeten Phantasiesequenzen, die einen Verfolgungskomplex offenbaren. Nimmt man die ungewohnte Grundhaltunig dieses seelischen Strip-tease als gegeben hin, so bietet der Streifen darstellerisch und von Regie und Kamera her viel Reizvolles, Unkonventionelles, Ungezwungenes — leider aber auch nur wenig Neues. Vor allem vergaloppierte sich der junge Regisseur zu sehr in seinen Meditationen und gibt anderseits dem Publikum zu wenig von seinen Gedanken preis, um auf dessen Verständnis hoffen zu können. Trotzdem nimmt Jutras Experiment in der Reihe der von Nachwuchsregisseuren aus aller Welt gedrehten Streifen zweifellos einen bemerkenswerten Platz ein.

Die Verfilmung von Franco Zefl-rellis berühmter „Boheme“-Inszenie-rung, mit Karajan als Dirigenten und künstlerischem Leiter, wurde in Österreich schon vor einiger Zeit im Fernsehen gezeigt. Vergleicht man die Wirkung auf dem Bildschirm mit dem Effekt auf der Kinoleinwand, wird sofort offenbar, daß für einen Fernsehfilm eben doch ganz andere Gesetze der Kameraführung und des Bildstils gelten als für eine Kinoinszenierung. Kleine Mängel in der Lichtgestaltung und in den Dekorationen, die auf dem kleinen Fernsehschirm kaum ins Gewicht fallen, vor allem aber die dauernde Inkongruenz von Gesang und optischem Eindruck des im Playbackverfahren hergestellten Streifens, treten auf der Leinwand unbarmherzig zutage.

Im Gegensatz zu den berühmten Operndokumentationen Paul Czin-ners („Don Giovanni“, „Rosenkavalier“) wurde Karajans Fernsehfilm nur von einer Kamera aufgenommen, das optische Tempo dadurch stellenweise recht schleppend. Czin-ners System, eine Aufführung mit mehreren Kameras gleichzeitig aufzunehmen, bietet sicher zahlreiche Möglichkeiten des Schnittes, gestattet aber vor allem eine völlig nahtlose Gestaltung der Bildübergänge. Ist also diese Opernverfilmung in erster Linie ein reines Vergnügen für den passionierten Opernfreund, hat sie als Musikfllm auch für den leidenschaftlichen Kinobesucher ihre Vorzüge: als weiterer wesentlicher Schritt zum Gesamtkunstwerk aus Musik, Darstellung, Gesang und büdlicher Interpretation.

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