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Abschied vom Golf?

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Vor drei Jahren hatte die Labour- Regierung bekanntgegeben, daß man bis Ende 1971 alle britischen Truppen aus Singapur und vom Persischen Golf abziehen werde. Dies war für Singapur und die kleinen Fürstentümer am Perischen Golf eine sehr unangenehme Überraschung. In Großbritannien wurde der Entschluß von der konservativen Opposition angegriffen mit der Begründung, durch solche Truppenabzüge gefährde man die Wirtschaftsinteressen Englands und anderer westlicher Länder in diesen Teilen der Welt.

Die Konservativen gaben zu verstehen, daß sie diesen Kurs ändern würden. Im Fall Singapur hat die neue Regierung den Entschluß ihrer Vorgänger modifiziert, indem sie eine geringe militärische Präsenz belassen will. Aber im wesentlichen soll der Abzug, wie von der Labour- Regierung geplant, vonstatten gehen. Jetzt hat Außenminister Sir Alec Douglas-Home die Pläne der Regierung für den Persischen Golf bekanntgegeben: Auch hier scheint man den früheren Kurs mehr oder weniger fortzusetzen.

Die konservative Regierung erklärt jetzt, daß die Verträge mit Bahrein, Katar und den sieben „Vertrags- Staaten” im südlichen Teil des Persischen Golfs Ende dieses Jahres ablaufen werden. Sie hofft, ebenso wie seinerzeit die Labour-Regierung, daß diese Fürstentümer eine Union arabischer Emirate bilden werden. In diesem Fall wäre Großbritannien bereit, einen Freundschaftsvertrag zu schließen, der die unter britischer Führung stehenden Streitkräfte der Vertragsstaaten zum Kern einer Ver teidigungsmacht machen könnte und es Großbritannien ermöglichen wūrdą den betreffenden Staaten zeitweilig Militärpersonal und Ausrüstung zur Verfügung zu stellen. Eine britische militärische Präsenz ist anscheinend nach Unterzeichnung des Vertrages nicht vorgesehen.

Als die Konservativen wieder an die Regierung kamen, stellten sie eben fest, daß sich die Lage seit 1968 erheblich geändert hatte. In der arabischen Welt verlangt man weithin den Abzug der britischen Truppen. Die beiden größten Staaten im Gebiet des Persischen Golfs, Iran und Saudi- Arabien, setzen sich dafür ein, während sich die kleinen Fürstentümer mit dem Gedanken einer Beendigung der militärischen Präsenz abgefunden haben. Anderseits sind sie auf dem Weg zur Union wenig vorangekommen. Es ist nicht klar, was geschieht, sollte die Union nicht Tatsache werden. Mancher Konservative ist der Ansicht, daß Großbritannien in einem solchen Fall eine militärische Präsenz aufrechterhalten sollte. Bisher hat die britische militärische Präsenz am Persischen Golf, so gering sie auch ist, Frieden und Stabilität aufrechterhalten. Man kann den Standpunkt vertreten, daß die Verträge überholt sind und eine britische Präsenz keine Garantie mehr ist für ungestörte Öllieferungen. Aber angesichts des zunehmenden russischen Einflusses in diesem Teil der Welt und der Rivalität zwischen den betreffenden Ländern wäre es sehr gewagt, positive Prognosen zu stellen. Der Raum ist für die Wirtschaft Westeuropas jedoch noch immer von höchster Bedeutung.

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