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„Die ölpreise müssen steigen“

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FURCHE: Der Schah spielte in den letzten Jahren mehr oder weniger die Rolle eines internationalen Harun-al-Raschid, und Ihr Ministerpräsident Amit Abbas Hoveyda sagte letzthin, daß der Iran internationale Hilfe und Kredite für insgesamt zehn Milliarden Dollar gewährt habe. Gerade jetzt aber berichten die Teheraner Zeitungen über das Ende großer Anleihen an fremde Länder.

KHALATBARY: Nun, der Hauptgrund für diesen von Ihnen erwähnten Wechsel unserer Politik ist die Verringerung der öleinnahmen des Iran. Wie Sie wissen, ging der Verbrauch zurück. Konsequenterweise sind unsere Einnahmen aus dem Öl auch geringer geworden als sie es vor zwei Jahren waren. Und das andere Problem: sie haben gleichzeitig an Kaufkraft verloren. Laut den Statistiken des Gemeinsamen Marktes um immerhin 35 bis 37 Prozent. Da die Preise der europäischen Industrieländer entsprechend anstiegen, muß der Iran mehr für seine Importe zahlen. Selbstverständlich soll aber unser nationales Entwicklungsprogramm fortgesetzt werden. So sind die Möglichkeiten des Iran, anderen zu helfen, geringer geworden.

, FURCHE: Kann man von der OPEC noch als einer in sich geeinigten Kraft sprechen? Jedenfalls ist viel über unterschiedliche Ansichten, beispielsweise zwischen dem Iran und Saudi-Arabien in der ölpreisfrage zu j hören — mehr als über eine gemeinsame Linie.

KHALATBARY: Soweit wir es sehen und beobachten können, bleibt die OPEC einig. Haben ihre Mitglieder erst einmal eine Entscheidung getroffen, dann wird sie auch respektiert und durchgeführt.

FURCHE: Und soll es dem-näclist tatäschlich zu einer Erhöhung der ölpreise kommen, wie das der Schah vorschlug?

KHALATBARY: Unserer Meinung nach müssen die ölpreise ansteigen, denn wir sehen keinen Grund dafür, warum unsere Kaufkraft nachlassen sollte.

FURCHE: Die kaiserliche Regierung in Teheran scheint an einem Verteidigungspakt der Golfstaaten lebhaft interessiert zu sein. Wie kann der Iran jedoch als das bei weitem stärkste potentielle Mitglied die Furcht gewisser kleiner Länder zerstreuen, daß er eine Hegemonie in der Region anstrebe?

KHALATBARY: Dazu möchte ich doch bemerken, daß die Zusammenarbeit der Küstenstaaten des Persischen Golfs etwas ganz Natürliches sein sollte. Wir liegen alle an diesem Meer, und es ist für uns sehr wichtig, den Frieden und die Sicherheit der ganzen Region zu erhalten. Nur ist die militärische Zusammenarbeit zwischen den Ländern eine Angelegenheit von morgen und wurde noch nicht einmal richtig diskutiert. Jetzt zu Ihrem zweiten Punkt. Sie sprachen von den Ängsten kleinerer und schwächerer Länder am Persischen Golf, weil der Iran stärker ist als sie. Was denken Sie da von der NATO? Bekanntlich gehört ihr ein Gigant an wie die USA, aber auch einige gar nicht so mächtige Staaten des europäischen Kontinents. Also spielt bei internationaler Zusammenarbeit, sofern es sich um gleiche Interessen und Ziele handelt, die Größe eines Landes keine entscheidende Rolle.

FURCHE: Mehrfach hat sich der Schah gegen die Präsenz von Kriegsschiffen der Großmächte im Persischen Golf ausgesprochen.

KHALATBARY: Freilich, man muß es wohl so sehen. Wenn eine der Großmächte in einer der Regionen wie Persischer Golf, Indischer oder Atlantischer Ozean, militärisch präsent ist, wollen die anderen nicht nachstehen und dort auch ihre Interessen wahren. Nehmen wir nun an, der Verteidigungspakt zwischen den Ländern am Persischen Golf käme zustande. Dann würde er die militärische Prässnz von Staaten, die nicht zur Region gehören, ausschließen. Das wäre sowohl für die Mitglieder des Pakts wie für die Großmächte günstig, denn, wo auch immer, kostet sie diese militärische Präsenz eine Unmenge.

FURCHE: Letzthin hat der Schah in einem Interview für das Hamburger Wochenmagazin „Der Spiegel“ hervorgehoben, daß der Iran kein arabischer, sondern ein islamischer Staat sei, und daß es weit mehr nicht-arabische als arabische Muslims gebe. Wie ist heute das Verhältnis Ihres Landes zur Welt des Islam?

KHALATBARY: In der islamischen Welt sind wir gerade ein muslimisches Land, aber kein arabisches, nicht anders als Pakistan, Indonesien, Malaysia und Afghanistan. Seine Majestät meint, wenn man das zusammennimmt und noch Indien mit seinen siebzig Millionen Muslims einbezieht, macht es gerade die vierfache Zahl der muslimischen Araber aus.

FURCHE: Aber der Schah plädiert doch b“i jeder Gelegenheit für muslimische Einigkeit und Zusammenarbeit.

KHALATBARY: Ja, an unseren Sympathien für ftiö MosÄms der ganzen Welt ist niMM Mt-teln. Das betrachte ich als etwas ganz Natürliches. Aber wir wollen kein Mitglied der Arabischen Liga oder einer ähnlichen Organisation werden.

FURCHE: Glauben Sie, daß die Aussichten auf einen Frieden im Mittleren Osten nach Israels kürzlicher Geste eines Teilrückzuges aus dem Sinai und einigen sehr maßvollen Erklärungen Präsident Sadats, auch während seines Freundschaftsbesuches in Teheran und beim König von Saudi-Arabien, besser geworden sind?

KHALATBARY: Unser Eindruck ist es, daß sich sowohl durch die gegenwärtige Politik Sadats wie den teilweisen Rückzug der israelischen Truppen aus der Kanalzone die Möglichkeiten einer Übereinkunft vergrößert haben. Natürlich ist Ägypten nicht das einzige Land, das ein Problem mit Israel hat. Vielmehr handelt es sich um ein Problem aller arabischen Staaten und insbesondere um ein Problem der Palästinenser. Wenn aber die Rückgabe der arabischen Territorien an die arabischen Länder zustande käme und die legitimen nationalen Rechte der Palästinenser anerkannt würden, werden sich, so meine ich, die heute extremistischen palästinensischen Elemente auch ändern.

FURCHE: Ist ein stabiles Israel, das dem Kommunismus nie zugeneigt war, nicht auch gerade für den friedliebenden Iran ein positiver Faktor?

KHALATBARY: Die Stabilität der Region, damit meine ich die Stabilität aller Länder der Region einschließlich Israels, liegt durchaus im Interesse des Iran.

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