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Schulterschlüsse hinter Bagdad

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Anläßlich einer „Friedenskonferenz" in der irakischen Hauptstadt Bagdad hat deren Leiter Saad Quassim Hamoudi direkte Gespräche zwischen den beiden seit nunmehr schon fast vier Jahren Krieg führenden Golfstaaten Irak und Iran nicht ausgeschlossen. Patroniert wird

er dabei etwa auch von der Arabischen Liga, deren Generalsekretär Chedli Klibi die Europäer erst unlängst aufforderte, mitzuhelfen, den Iran an den Verhandlungstisch zu bringen.

Wobei nicht auszuschließen ist, daß auch Teheran in absehbarer Zeit das Gespräch suchen wird. Denn zu sehr hat sich das Chomei-ni-Regime durch seinen versuchten Revolutions-Export und seine Unnachgiebigkeit im Krieg gegen den Irak ins internationale Abseits manövriert.

Unlängst weilte eine amerikanische Kongreßdelegation in Bagdad beim irakischen Vizepremier Ramadan, einem der starken Männer hinter Präsident Saddam Hussein: Was als weiteres Indiz dafür gewertet werden kann, daß sich die irakisch-amerikanischen Beziehungen zunehmend verbessern; vielleicht auch deshalb, weil

Washington im Irak nunmehr weniger einen Feind Israels, sondern vielmehr den wichtigsten Vorkämpfer gegen Chomeinis expansive „Islamische Revolution" erblickt.

Im letzten Punkt sind sich die Golfstaaten mit den USA einig, aber auch 19 der 21 Mitglieder der Arabischen Liga.

Außer Syrien und Libyen steuert jetzt auch das radikale und Moskau-freundliche Südjemen diesen Kurs. PLO-Chef Arafat hat sich schon seit längerem mit fliegenden Fahnen auf die Seite Bagdads gestellt.

All dies bedeutet für den Irak Kredite in harter Währung, französische Waffen und japanische Transportmittel aller Art; gleichzeitig aber auch — und dies könnte im Endeffekt entscheidend sein — sowjetische Gewogenheit. Moskau hat dem Freundschaftsvertrag mit Bagdad von 1972 neues Leben eingehaucht und sich inzwischen wieder zum wichtigsten Waffenlieferanten aufgeschwungen:

Außer Panzern, Artillerie, Kampfflugzeugen und Helikoptern liefert Moskau den Irakis auch Raketen verschiedenster Reichweiten. Beiläufig berichtete die Bagdader Presse auf ihren Titelseiten dieser Tage auch über einen sowjetischen Drei-fofilliar-den-Dollar-Kredit an den Irak.

Die wieder stärker gewordene Achse Bagdad-Moskau muß die

iranischen Machthaber beunruhigt haben. Wohl deshalb ist der Generalsekretär des Teheraner Außenamtes vor kurzem nach Moskau gereist, wo man allerdings nicht so schnell vergessen will, wie die iranischen Kommunisten vergangenes Jahr verunglimpft, gefoltert und schließlich massakriert worden sind, obwohl gerade auch sie den Mullahs 1979 in den Sattel geholfen hatten.

Auch Teherans Verbündeter Syrien wackelt. Die Erdölscheich-tümer drängen Damaskus, den Iran nicht mehr zu unterstützen. Außerdem sind die Syrer mit einer Erdölschuld von 500 Millionen Dollar an Teheran in Verzug. Und Staatschef Assad hat überdies ein Terroristen-Ausbildungslager bei Zebdani schließen lassen, womit ein Instrument des iranischen Revolutionsexportes stumpf geworden ist.

Aber auch Libyen scheint sich immer mehr von Iran abzuwenden. Das Zusammenspiel mit Chomeinis Revolution hat Oberst

Ghaddafi wohl nicht allzuviel gebracht. Er läßt denn auch seine knapp gewordenen Dollars kaum mehr in Teherans Kassen fließen.

An der irakisch-iranischen Front tut sich unterdessen nicht gerade viel, zumal die vielfach motivierte Klassenflaute die Kriegsmaschinerie der Iraner hemmt. Aus Quellen in Bagdad wiederum ist zu erfahren, daß sich gegenüber der seit Monaten verzögerten sechsten iranischen Großoffensive ein mannigfacher militärischer Schulterschluß herausgebildet hat.

Jordaniens König Hussein hat am 18. Juni für den Fall des Falles die offene Intervention an der Seite des Irak angekündigt. Weniger spektakulär ist Ägypten mit Kampfhubschraubern und Piloten dem irakischen Präsidenten Hussein zu Hilfe geeilt. Kairo macht auch kein Hehl daraus, daß es die Normalisierung seiner Beziehungen mit Moskau in den Dienst des Anti-Chomeini-Feld-zuges stellen will.

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