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Die österreichische Politik hat gegenüber dem Regime in Teheran seit 1979 keine Vorbehalte. Dafür gibt es gewinnbringende Geschäfte. Kommentar eines Politikwissenschafters.

Das iranische Regime hätte sich wohl kaum über 30 Jahre an der Macht halten können, wenn ihm aus Europa nicht mit Nachsicht und ökonomischer Kooperation begegnet worden wäre. Nach 1979 spielte Österreich dabei eine entscheidende Rolle. Der Grundstein für das gute Verhältnis Österreichs zur Diktatur aus Ayatollahs und Revolutionswächtern wurde bereits kurz nach der Machtübernahme Khomeinis gelegt. Als die USA aufgrund der Besetzung ihrer Botschaft Sanktionen gegen den Iran verhängten und die westlichen Staaten aufforderten, sich zu beteiligen, verwies Österreich auf seine Neutralität, was in Teheran honoriert wurde. Als Ergebnis dieser Politik war Wien in den 1980er Jahren eines der Zentren, über welches das Khomeini-Regime Wirtschaftskontakte zu anderen europäischen Ländern knüpfte.

1984 besuchte Erwin Lanc als erster westlicher Außenminister den Iran. 1989 ermordete ein iranisches Kommando in Wien den Vorsitzenden der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran. Das Killerkommando konnte unbehelligt ausreisen. 1991 war Bundespräsident Kurt Waldheim das erste westliche Staatsoberhaupt, das Teheran seine Aufwartung machte. Er legte am Sarkophag Khomeinis einen Kranz nieder und seine Visite bildete den Auftakt für weitere Besuche ranghoher Politiker aus anderen westeuropäischen Staaten und für zahlreiche Österreich-Besuche von Vertretern des iranischen Regimes, das heute in Wien nicht nur durch seine Botschaft, sondern auch durch das Islamische Zentrum Imam Ali präsent ist.

Großer Empfang für Khatami

2008 kam der damalige iranische Präsident Khatami nach Wien, der die Todesstrafe für Homosexuelle rechtfertigte, den Holocaust-Leugner Roger Garaudy und die Fatwa gegen Salman Rushdie verteidigte und den Zionismus regelmäßig als "Fortsetzung des Faschismus“ bezeichnete. Er wurde von Bundespräsident Fischer empfangen, traf sich mit Kardinal Schönborn und durfte an der Universität sprechen. 2010 empfing Außenminister Spindelegger seinen Amtskollegen Mottaki, den Eröffnungsredner der Teheraner Holocaustleugner-Konferenz. 2011 folgte Mottakis Nachfolger Salehi, der ehemalige Chef des iranischen Atomprogramms. Der gegenwärtige Chef des iranischen Nuklearwaffenprogramms, Abbasi-Davani, stattete Wien im vergangenen Jahr gleich zweimal einen Besuch ab. 2006 betonte der iranische Handelskammerpräsident Khamoushi: "Österreich ist für uns das Tor in die Europäische Union.“ Auch in der Amtszeit Ahmadinedschads liefern die guten politischen Beziehungen Wiens zu Teheran eine solide Grundlage für hervorragende Geschäftsbeziehungen. 2011 gab es nach den bisher vorliegenden Zahlen zwar einen Rückgang der Ex- und Importe, sie bewegten sich aber weiterhin im dreistelligen Millionenbereich.

Wachsende Importe

2010, also nach der Verabschiedung der EU-Sanktionen, waren die Exporte in den Iran weiter angewachsen. Die Importe sind im selben Jahr um fast 400 Prozent gestiegen. Es wird geschätzt, dass weiterhin über 600 österreichische Unternehmen im Iran aktiv sind. Auf der Iranian Oil Show waren in den letzten Jahren wichtige österreichische Firmen präsent: von dem Maschinenbauer Leobersdorfer über die Voestalpine-Tochter Boehler Schweisstechnik und das Stahl- und Fahrzeugbauunternehmen Grabner bis zur OMV und dem Fahrzeughersteller Rosenbauer. Nachdem die Voest in den 1980er Jahren durch die Lieferung von Noricum-Kanonen in den Iran Schlagzeilen machte, ist die Voestalpine auch heute noch einer der wichtigsten österreichischen Iran-Exporteure.

Eine treibende Kraft beim Ausbau der Beziehungen ist die Österreichische Wirtschaftskammer. Während international um verschärfte Sanktionen gerungen wurde, freute sich WKO-Präsident Christoph Leitl über "exzellente Handelsbeziehungen“ Österreichs mit dem Iran. Regelmäßig veranstaltet die WKO Iran-Seminare, auf denen Unternehmern erklärt wird, wie sie trotz der angespannten Lage ganz entspannt Geschäfte mit dem Regime abwickeln können.

Trotz aller bisherigen, völlig unzureichenden Sanktionsbeschlüsse trägt Österreich weiterhin dazu bei, dass das iranische Regime seine Projekte fortsetzen kann: von der brutalen Repression gegen die eigene Bevölkerung über die Unterstützung des internationalen djihadistischen Terrors bis zum Nuklearwaffen- und Raketenprogramm, das für die gesamte Region eine massive Gefahr ist und für Israel eine existenzielle Bedrohung darstellt. Wollte Wien einen ernsthaften Beitrag dazu leisten, den Gefahren zu begegnen, die von diesem Regime ausgehen, müsste sie zumindest dem Beispiel Großbritanniens und den Vorschlägen Frankreichs folgen und eine Sanktionierung der iranischen Zentralbank sowie der Erdgas- und Erdölexporte beschließen, weitere Sanktionen gegen europäische Industrieexporte in den Iran verhängen und sich auf EU-Ebene für die Durchsetzung ebendieser Maßnahmen einsetzen.

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