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Ein Teufelskreis

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Fest im Sattel sitzt das theokra-tische Regime im Iran. Ein Auseinanderdividieren der Mullahs ist nicht möglich. Der Iran mit seinen religiösen Traditionen ist für westliche Politiker mehr denn je eine unbekannte Größe; zwar Faktor strategischer Überlegungen der Weltmächte, aber unkalkulierbar, was die Risiken betrifft.

Daß der Schein im Falle des Iran oft trügt, mußten zuletzt die Vereinigten Staaten erfahren. Die mit der Machtergreifung Ajatollah Khomeinis 1979 sichtbar zum Durchbruch gekommene antiwestliche Bewegung ist im heutigen Iran eine Grundstimmung, von der politische Analysen nicht abstrahieren dürfen.

Die oft widersprüchlichen Interessen und Optionen der jetzt im Iran herrschenden Kreise sind nach Uberzeugung von in Wien lebenden iranischen Oppositionellen bloße Manöver des Regimes, Ausfluß innerer Auseinandersetzungen ohne Einfluß auf Grundüberzeugungen.

Vertreter der Volksfedajin des Iran in Österreich warnen vor jener Terminologie westlicher Politik, die mit den Adjektiva „gemäßigt“ und „radikal“ unterschiedliche Fraktionen der iranischen Geistlichen festzumachen sucht.

Gewöhnlich spricht man in diesem Zusammenhang von einer pragmatischen und einer ideologischen Linie des iranischen Regimes und findet dann noch Persönlichkeiten, die in dieses Denkschema passen könnten. So gilt beispielsweise der mächtige Parlamentspräsident Haschemi Raf-sandschani als Pragmatiker, der offensichtlich aus den Amerikanern soviel Geld und Waffen wie möglich herauspressen wollte. Ajatollah Montaseri — wahrscheinlicher Nachfolger des schwerkranken 86jährigen Kho-meini—wird dem harten ideologischen Flügel zugerechnet.

Schließlich bietet sich noch eine Unterscheidung nach Kriterien bestimmter Wirtschaftsmodelle an. Demnach “gibt es im Iran eine Richtung, die sich für eine zentralstaatliche Verwaltungswirtschaft einsetzt - mit Premierminister Mir Hussein Mussawi an der Spitze — und Anhänger einer freien Marktwirtschaft.

Widerstreitende Machtblöcke im Iran bedeuten nach den Worten der Volksfedajin-Vertreter jedoch nicht ein Aufgeben des Grundgedankens von der Notwendigkeit der Existenz einer islamischen Republik, eines islamischen Gottesstaates durch die Mullahs.

Die Beziehungen zum Westen — mittels Waffenlieferungen aus den USA, aus Frankreich oder Großbritannien — sind für den Iran, für die Vertreter des religiösen Despotismus eine zwanghafte Notwendigkeit. „Da tut auch nichts zur Sache, daß man jetzt für einige Zeit mit den USA schmollt“, meinte ein Volksfedajin-Vertreter gegenüber der FURCHE.

„Das Schicksal des Regimes ist verbunden mit dem Schicksal des nun schon seit sechs Jahren mit dem Irak geführten Kriegs. Und das ist die gemeinsame Uberlebensbasis aller innerlich noch so zerrissen scheinenden politischen Kräfte im Iran. Beide Flügel—sowohl der ideologische wie der pragmatische - sind nur im Rahmen des Fortbestehens der islamischen Republik zu verstehen. Wenn es in diesem Rahmen darum geht, das Volk niederzuhalten, dann gibt es im Regime keine Widersprüche.“

Kein Vertreter des Regimes — gibt sich der Volksfedajin-Spre-cher überzeugt — habe ein Interesse daran gehabt, den Waffenhandel mit den USA „zu entlarven“. Einzig und allein durch die inneren Widersprüche des Systems seien diese Transaktionen bekannt geworden.

Gleichzeitig habe dieser Fall zu einem Zusammenschluß der auseinanderstrebenden Kräfte des Regimes geführt. Selbst die „gemäßigten Pragmatiker“ beeilten sich, dem „großen Teufel USA“ erneut eine Absage zu erteilen.

Natürlich machten sich die Mullahs dabei antiwestliche und anti-kolonialistische Motive des iranischen Volkes — „das konnten die islamischen Spitzenmänner nicht übersehen“ — zunutze. Die Verheimlichung aller Westkontakte durch die Mullahs sehen die Volksfedajin-Vertreter als logische Folge des islamischen Staatsterrorismus, als Konsequenz des Festhaltens an starren dogmatischen Uberzeugungen und der Notwendigkeit, etwas gegen die wirtschaftliche Krise und eine damit äußerst labile Lage im Iran zu unternehmen.

Als Grundübel bezeichnen die Wiener Volksfedajin-Vertreter die enge Verknüpfung von Religion und politischer Herrschaft in Iran. Die Religion habe sich nicht bewährt. Sie sei bloßes Herrschaftsinstrument.

„In der gegenwärtigen iranischen Politik spielen moralische Überlegungen keine Rolle. Deswegen sind auch Waffengeschäfte mit Ländern unterschiedlicher Gesellschaftssysteme möglich“, betont der Volksfedajin-Spre-cher. „Daher liegen alle jene Analysen falsch, die mit einem bestimmten Verständnis von Moral und Religion an das iranische Regime herantreten.“

Für das iranische Regime gibt es keine Wahl zwischen einer islamischen oder einer anderen Kraft. Sollte es um diese Wahl gehen — wie jetzt bei der „Entlarvung“ des Waffengeschäftes mit den USA — „dann wählt man immer noch den Islam“.

Mit anderen Optionen darf der Westen nicht rechnen.

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