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Prestigeverlust Khomeinis

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Vor genau zehn Jahren kehrte Imam RuhoUah Mussawi Khomeini in den Iran zurück. Das Regime der Ayatollahs hat vielerorts die islamische Revolution gepredigt, hat Untergrundzellen aufgebaut und Aufruhr geschürt. Milliardenbeträge wurden in islamistische Kampfgruppen und internationale Propaganda investiert.

Das Ende des Krieges zwischen dem Irak imd Iran beinhaltet nicht nur eine grundsätzliche Verändenmg der Lage am Golf, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf die islamische Welt insgesamt.

Es ist ja nicht nur zur Einstel-limg der Kampfhandlungen gekommen, sondern auch zur Einstellung der Zahlungen an viele der Klienten in aller Welt. Die Friedensbereitschaft der Theo-kraten in Teheran geht schließlich nicht auf einen Gesinnungswandel zurück, sondern auf ökonomische Notwendigkeit.

Jetzt ist die Lage so verzweifelt, daß Khomeini den Iranerinnen befahl, sich doch ein wenig eleganter herauszuputzen, sie brauchten sich doch nicht völlig unter dem Tschador zu verkriechen. Manche der verdutzten Gläubigen mögen in dieser Kehrtwendung ein Anzeichen dafür gesehen haben, daß der Alte nun doch völlig durchdrehe. In Wirklichkeit geht es dem Regime wohl eher darum, das in passiver Opposition verharrende Bildungsbürgertum zur Mitarbeit beim Wiederaufbau des Landes zu mo tivieren — und zwar speziell die Frauen, die unter dem Schah begonnen hatten, eine nicht unbedeutende Rolle in der Wirtschaft des Landes zu spielen.

Wie aber soll diese Umorientie-rung jenen radikalen Gruppen imd Parteien nahegebracht werden, die in zahlreichen Ländern der Welt die Geschlechtertrennung laut Lehre des Imam Khomeini verkündet haben und bisweilen auch mit Gewalt gegen liberalere Glaubensbrüder und -Schwestern durchzusetzen versuchten? Wie müssen jene Frauen im Iran imd anderswo empfinden, die zum Teil schwer mißhandelt und entstellt wurden, weil sie sich nicht genügend verschleierten oder ein wenig Kosmetika verwendeten? Auf offener Straße von Fanatikern mit Säure bespritzt, sind viele Frauen für ihr ganzes Leben geschädigt. Jetzt auf einmal sollen das alles nur „Auswüchse“ gewesen sein.

Der Iran will seine Beziehungen zur Welt normalisieren. Zu diesem Zweck wird von manch abenteuerlichen Gefolgsleuten Abstand genommen. Das wurde am Beispiel Algerien deutlich. Zuvor hatten iranische Medien jede islamische Unruhe, wo auch immer in der Welt, für sich in Anspruch ge-

nonrunen. Als im Oktober Massendemonstrationen in Algerien sich islamischer Parolen bedienten (FURCHE 41/1988), entstand ein Bild, das durchaus dem der iranischen Revolution gegen den Schah glich.

Dennoch begeisterten sich die Teheraner Medien gar nicht, sondern schimpften vielmehr auf die Unruhestifter. Geradezu komisch mutet es an, daß die iranische Presse die algerischen Demon stranten fanatische „Fundamentalisten“ nannte.

Andererseits steuern auch nur noch wenige Islamisten in den arabischen Staaten auf Khomei-ni-Kurs. Das vielgeschmähte Regime des ,rApostaten“ Saddam Hussein in Bagdad ist nicht gefallen, sondern im Gegenteil nur noch stärker geworden. Kritisch wird die neue Lage vor allem für die schiitischen Minderheiten, die sich mancherorts aufgeführt hatten, als gehöre ihnen morgen die ganze Welt. Am stärksten haben jetzt die Schiiten im Libanon zu leiden. Die Sunniten wurden in der Meinung bestärkt, daß die Schiiten Feinde des Islams seien.

Auch in Afghanistan sind die Schiiten verdächtig geworden, weil sie im Krieg gegen die Sowjets weitgehend abseits gestanden waren. Khomeini hat überall an Prestige verloren.

In den arabischen Golfstaaten traut man aber dem Frieden noch nicht. Iranische Waffenkäufe deuten darauf hin, daß die Entscheidung Irans gar nicht für den Frieden, sondern zugunsten qualitativer Kriegsführung im Gegensatz zur bisherigen quantitativen gefallen ist - umgeben mit viel Trug und Schein.

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