Iran - das nukleare Domino beginnt

Werbung
Werbung
Werbung

Folgen des iranischen Nuklearprogramms: In einem neuen Rüstungswettlauf könnten Ägypten und Algerien als nächste an ihrer Atombombe basteln.

In den vergangenen Tagen, nach der Veröffentlichung eines besorgniserregenden Berichtes der Atomenergiebehörde IAEA über die Gefahr einer iranischen Atombombe, hat das Regime in Teheran seine Boten ausgesandt, um es aller Welt auszurichten: Der Iran wird nicht klein beigeben. Wirtschaftssanktionen? Politsanktionen? Egal. Irans Außenminister Ali Akbar Salehi argumentiert sogar mit der Macht der Geschichte: "Was sind schon 50 Jahre Sanktionen gegen die 3000 Jahre Geschichte des Iran?“ Zöge man davon nun den historischen Popanz ab, lautete er: Was sind schon 50 Jahre Sanktionen gegen den Aufstieg zur Militärgroßmacht durch die Entwicklung von Nuklearwaffen?

Wie immer man es benennt - der Iran steht kurz vor der Entwicklung seiner ersten Nuklearwaffen, wenn man der IAEA glaubt. Doch die iranische atomare Hegemonie-Vorstellung hat Auswirkungen auf den gesamten arabischen Raum - selbst ohne einen Militärschlag durch die Armeen Israels oder der USA (siehe auch Kommentar Seite 10).

Denn der Iran wird von vielen seiner unmittelbaren und mittelbaren Nachbarn als Bedrohung wahrgenommen. Tatsächlich hat sich das Regime in Teheran, abgesehen von den blutigen Assads in Syrien, der Hezbollah im Libanon und radikalen Palästinensern im Gazastreifen, keine Freunde gemacht. Nicht nur Saudi Arabien und die Golfstaaten würden deshalb, so meinen viele Nuklearexperten, die Entwicklungen im Iran mit großer Sorge verfolgen.

Schon im Oktober dieses Jahres warnte das Pariser Institut für Strategische Studien in einem umfassenden Bericht vor den Folgewirkungen, die die Atomwaffenfähigkeit des Iran auch für die Region hätte. Laut Studienautor Bruno Tertrais könnte das ein Wettrüsten im arabischen Raum zur Folge haben. Zwei Staaten sind demnach hoch gefährdet, auf den Nuklearmachtstatus des Iran mit einem eigenständigen Atomprogramm zu reagieren: Ägypten und Algerien.

Ägyptens Atomprogramm

Zeitgleich mit dem Beginn der Urananreicherung in der iranischen Atomanlage in Natanz 2006 verkündete die ägyptische Regierung die Wiederaufnahme des staatlichen Atomprogramms, das seit 1981 auf Eis gelegen war. Der heute gestürzte Diktator Mubarak bekannte 2007 ganz offen: "Wir wollen keine Nuklearwaffen in der Region. Aber wir müssen uns verteidigen können.“ 2010 sagte sein Außenminister Abu al-Gheit, der Iran würde die arabischen Nationen zu einem Rüstungswettlauf zwingen. Diese Pläne wurden mit der Revolution nicht beseitigt. Im Gegenteil, das Programm soll nach der Präsidentenwahl im kommenden Jahr vorangetrieben werden, so der ehemalige ägyptische Chef der arabischen Liga Amr Musa.

Ägypten besitzt bereits zwei Versuchsreaktoren, drei AKWs sollen bis 2020 errichtet werden. In den vergangenen Jahren häuften sich Verstöße gegen die Meldepflicht von nuklearen Substanzen.

Einmal wurden der IAEA der Ankauf von 67 Kilogramm Uran verheimlicht, dann wieder weigerte sich die Regierung, sich zu verpflichten, die Anreicherung von Uran oder die Errichtung von Anreicherungsanlagen zu unterlassen. Die US-Nuklearexpertin Yana Feldman meint, all das werfe "Fragen über die Absichten der Ägypter auf, die wahre Dimension ihres Atomprogramms und seinen möglichen militärischen Aspekt.“

Für noch weiter fortgeschritten als Ägyptens Atomprogramm hält der österreichische Nuklearexperte Friedrich Steinhäusler das Nuklearprogramm Algeriens. Ebenso wie der Konkurrent am Nil besitzt Algerien eine Reihe von reichlich ausgestatteten Versuchsreaktoren und eine Urananreicherungsanlage in Ain Oussera.

Algeriens Wüstenreaktor

Die Anlage wurde vom US-Geheimdienst nur durch Zufall in der Wüste entdeckt. Algerien ist zwar Mitglied des Atomwaffensperrvertrages, doch ein Bericht des spanischen Geheimdienstes enthält Informationen darüber, dass "Algerien die Möglichkeit zum Sofortstart eines fortgeschrittenen militärischen Nuklearprogramms besitzt“. Noch ein Umstand machte den US-Experten David Albright stutzig: Algerien beschäftigt über 300 der besten Nuklearwissenschafter und Ingenieure angeblich nur zu Forschungszwecken - aber die Zahl ihrer wissenschaftlichen Publikationen ist gleich null. Äußerst verschwiegen ist auch die algerische Regierung, wenn es um das eigene Atomprogramm geht. Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika spricht lieber über andere, so etwa im Februar 2011: "Wir unterstützen voll das friedliche Atomprogramm - des Iran“.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung