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Friedensjubiläum

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„Ich verstehe euch Israelis nicht. Gerade jetzt, wo Ägypten auch alles unternimmt, um Frieden zwischen Israel und den arabischen Staaten zu stiften, unterstützt Israel die Feinde der Araber, den Iran, und liefert Waffen an diesen Staat.“ So Mustafa Cha-lil, ehemaliger ägyptischer Ministerpräsident und heute stellvertretender Vorsitzender der Nationalen Ägyptischen Partei, deren Vorsitzender Staatspräsident Hosni Mubarak ist, gegenüber der FURCHE. Chalil war zu einem viertägigen Besuch nach Israel gekommen, um an einem Symposion teilzunehmen, das anläßlich des zehnten Jahrestages des Beginns von Präsident Anwar al Sadats Friedensoffensive abgehalten wurde.

„Ihr laßt euch von den Iranern erpressen und versteht nicht, daß ihr schließlich den kürzeren ziehen werdet“, meinte Chalil, der behauptete, daß die Iran-hörige Hezbollah (Partei Gottes) vier Monate keine israelischen Objekte im Südlibanon angegriffen und erst, als Israel seine Lieferungen einstellte, ihre Angriffe erneuert habe.

„Der Golfkrieg gefährdet nicht nur die Araber, sondern auch den gesamten Nahen Osten und insbesondere Israel“, sagte der frühere ägyptische Premierminister einer kleinen Gruppe von Journalisten, die sich mit ihm nach seiner Ankunft in Israel getroffen hatte.

Die Anknüpfung diplomatischer Beziehungen Ägyptens mit den meisten arabischen Staaten (nur sechs von 21 haben noch keine diplomatischen Beziehungen aufgenommen) kommt einer Anerkennung des israelischägyptischen Friedensabkommens gleich; denn jetzt werden neben der israelischen auch die saudiarabische und andere arabische Flaggen in Kairo gehißt werden.

Mustafa Chalil steht in Ägypten an der Spitze der proisraelischen Minister- und Funktionärsgruppe, im Gegensatz zu einer anderen Ministergruppe unter Anführung von Osama el Baas, die für einen sehr kalten Frieden mit Israel eintritt.

Chalil sieht es als Hauptaufgabe seines Besuches in Israel an, die Israelis umzustimmen, erstens alle Waffenverkäufe an den Iran einzustellen und zweitens Israel dazu zu bewegen, heute einer internationalen Friedenskonferenz für den Nahen Osten zuzustimmen.

Der Gast hielt fest, daß Ägypten gegenwärtig trotz der Wiederanknüpfung diplomatischer Beziehungen mit den arabischen Staaten (FURCHE 47/1987) an einer Intensivierung der Beziehungen mit Israel interessiert sei.

Auf dem Symposion an der Universität von Haifa über Sadats Friedensoffensive erzählte Chalil, daß diese für Ägyptens Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates keine Überraschung gewesen sei; bereits sechs Wochen vor Sadats Besuch in Jerusalem am 19. November 1977 war die ganze Angelegenheit vor dem Rat zur Diskussion gestanden. Auch sei Sa-dat nicht der erste gewesen, der diese Friedensinitiative geplant habe. Sein Vorgänger, Gamal Abdel Nasser, hatte bereits diesen Plan gehegt, sei jedoch an der damaligen Hartnäckigkeit Golda Meirs gescheitert.

In Wirklichkeit - so Chalil - habe der Jom-Kippur-Krieg nur ein Ziel gehabt: Israel an den Verhandlungstisch zu bringen. Sadat habe die große Vision von einem Nahostfrieden gehabt. Deswegen sei er auch nicht erschrocken, als nach Beginn der Friedensverhandlungen fast alle arabischen Staaten ihre Beziehungen zu Ägypten abgebrochen hatten. „Sie werden zurückkommen, sagte damals Sadat, und siehe, er hatte recht.“

Ähnlich wie die Israelis war Chalil sehr enttäuscht, daß die ägyptischen Massenmedien den zehnten Jahrestag der Friedensoffensive Sadats kaum erwähnten. „Sadat war mehr als nur ein ägyptischer Politiker“, resümierte Chalil traurig, „er hat dies wirklich nicht verdient.“

Auf die Frage der FURCHE, ob Ägypten auch Atomwaffen besitze, meinte er - nur herablassend lachend: „Sie amüsieren mich wirklich. Haben Sie Ihre Frage ernst gemeint?“

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