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Eine EG im Nahen Osten?

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Die Chance auf einen Frieden im Nahen Osten ist so real wie nie zuvor. Erstmals werden konkrete Vorschläge unterbreitet, die eine friedliche Koexistenz durch wirtschaftliche Zusammenarbeit untermauern könnte.

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Die Chance auf einen Frieden im Nahen Osten ist so real wie nie zuvor. Erstmals werden konkrete Vorschläge unterbreitet, die eine friedliche Koexistenz durch wirtschaftliche Zusammenarbeit untermauern könnte.

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Erstmals seit der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948, nach vier opferträchtigen Kriegen, entsteht eine reale Hoffnung, daß die Araber und Israelis über eine Friedensordnung im Nahen Osten verhandeln werden. Syriens Bereitschaft, an einer regionalen Friedenskonferenz teilnehmen zu wollen, bezeichnete Israels Regierungschef als einen Sinneswandel, ähnlich dem, den Anwar Sadat vollzogen hatte, um den ägyptisch-israelischen Friedensvertrag im Jahre 1979 zu ermöglichen. Hoffnung auf einen Frieden im Nahen Osten scheint aber vor allem dadurch begründet zu sein, das erstmals konkrete Vorschläge unterbreitet werden, die eine friedliche Koexistenz aufgrund einer gedeihlichen wirtschaftlichen Zusammenarbeit zustande bringen könnten.

Anläßlich des 43. Gründungsjahres des Staates Israel sagte se;n Präsident, Chaim Herzog, „wir würden uns wünschen, imstande zu sein, unsere Nachbarn zu überreden, das europäische Modell nachzuvollziehen und vielleicht durch vereinte Bemühungen einen gemeinsamen Markt im Nahen Osten zu schaffen".

Nicht immer gab es Feindschaft zwischen Arabern und Juden. Mit einem Hauch von Nostalgie ließe sich an die goldenen Zeiten der Freundschaft erinnern: an die blühende Judenkultur in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria, wo der Versuch gemacht wurde, eine „Synthese der eigenen Welt mit einer ihr wesensfremden zu schaffen" (S. Landmann)

Am Rande des Gipfels: Hilferuf aus Moskau

(hk)-Sehr weit, so muß angenommen werden, sind die Reformen des angeblichen Radikal-Reformers Boris Jelzin noch nicht gediehen. Zu sehr scheint der russische Republikspräsident mit der Frage beschäftigt, wie er Staatspräsident Michail Gorbatschow bei den mit George Bush angereisten westlichen Journalisten in den Schatten stellen könnte, als daß ihm auffiele, daß die Arbeit des russischsowjetischen P.E.N. Zentrums in Moskau in alt-bekannter Weise behindert wird. Und das, obwohl Femsehen und Zeitungen - anders als früher - darüber berichten.

In bewährt selbstherrlicher Manier versucht der Generalprokurator der russischen Republik das vom P.E.N. Zentrum in Moskau legal gemietete Gebäude wieder in Besitz zu nehmen, läßt die Büroräume belagern und droht, die Einrichtung auf die Straße zu werfen. Freilich, Anatoly Rybakov, der Präsident des P.E.N.-Zentrums, weiß sich zu helfen, er kann zumindest westliche Medien mobilisieren. Wie viele solcher Fälle aber geschehen unbemerkt von der Weltöffentlichkeit - und ganz offensichtlich auch von Boris Jelzin?

und wo siebzig Schriftgelehrte die Bibel ins Griechische übersetzten, an die Symbiose zwischen Arabern und Juden im moslemischen Großreich von Andalusien, wo zusammen eine der erste Universitäten Europas, die medizinische Hochschule gegründet wurde.

Die Feindschaft begann viel später, nicht ohne Wirkung der britischen divide et impera Politik im besetzten Palästina: Der vom Oberkommissar Herbert Samuels (selbst Jude) zum Großmufti von Jerusalem ernannte Amin el Husseini war von Hitler fasziniert, erhielt von ihm eine Apanage von 75000 R. M., betätigte sich als Werber für eine moslemische SS-Division, die sich durch unfaßbare Grausamkeit im Balkan auszeichnete. Sein Neffe, Jassir Arafat setzte die feindselige Politik gegenüber dem Judenstaat fort.

„Land gegen Frieden"

Einen hohen Preis bezahlten die Araberführer, die die Israelis ins „Meer versenken" und Israel „ausradieren" wollten. Gamal Abdel Nasser erlitt an der Spitze einer arabischen Koalition eine zerschmetternde Niederlage im Sechstagekrieg 1967 und starb kurz danach. Saddam Hussein, der in seinem 1977 veröffentlichten Buch „Der Kampf die Vernichtung Israels verkündete, unterlag im Krieg gegen eine amerikanisch-europäische und auch arabische Koalition, in dem er sich vor allem die „Ausradierung" Israels erhoffte.

Die Belohnung für die aufgezwungene Zurückhaltung im Golfkrieg kam schneller als erwartet. Der Druck „Land gegen Frieden" zu tauschen wurde immer stärker. Israel fürchtet eine internationale Nahostkonferenz unter der Ägide der Vereinten Nationen, denn sie waren es, die die Ideologie der Israel-Erbauer als eine Rassenideologie verurteilten. Das von James Baker neuerdings vorgelegte Konferenzkonzept trägt diesem Vorbehalt Israels Rechnung, indem es der UNO lediglich eine Rolle des stillen Beobachters einräumt. Israel

fürchtet aber auch die Beteiligung der Europäer, von denen man sich nach der abgewehrten Gefahr der Neuauflage des Holocaust vergeblich eine Umorientierung der Nahostpolitik erhoffte. Schließlich war jedes Land Europas an Waffenlieferungen an arabische Freunde beteiligt (125 Milliarden Dollar seit 1983), am wenigsten Bulgarien und Dänemark, wo vor 1945 dank der Unterstützung der Bevölkerung die Juden sich vor Deportationen in Todeslager retten konnten.

Ein Hoffnungsschimmer kam aus Mitteleuropa, das nach der Unterbrechung im Jahre 1967 die diplomatischen Beziehungen mit Israel wieder angeknüpft hatte. Die Tschechoslowakei will aber die von Syrien bestellten 100 Panzer unbedingt liefern. Denn Hafez Assad, der eine Milliarde Dollar den Tschechen schuldig ist, will bar bezahlen. Mit Mißtrauen wird dieser deal in Israel verfolgt, weil Syriens Diktator als der einzige Machthaber im Nahen Osten betrachtet wird, der nach der Niederlage Saddams den Hegemonieanspruch in dieser Region erheben könnte.

Haupthindernis Siedlungspolitik

Die Außenminister, James Baker und Alexander Bessmertnych und vor allem die Araber sehen in der Siedlungspolitik das Haupthindernis. Die Gegenargumente, daß der Judenstaat der einzige Zufluchtsort für 110.000 Juden aus Irak, 45.000 aus Jemen, 32.000 aus Libyen, 250.000 aus Marokko, oder 300.000 aus Rumänien und so weiter, gewesen war, findet ebenso wenig Verständnis wie die Tatsache, daß Israel an einem einzigen Tag, dem 25. Mai, gezwungen war, 15.000 bedrohte äthiopische „Falashas" nach Israel zu befördern und derzeit etwa eine Million Sowjetjuden irgendwo ansiedeln muß. Und warum fragen die Israelis, dürfen Juden nicht in der Nähe der aus der Bibel bekannte Städte, wie Jericho oder Bethlehem friedlich mit den Arabern leben?

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