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In den Schriften des „Volksboten" Nr. 3 ist soeben erschienen: Alfons Plankensteine r, „Der Film. Kunst, Geschäft, Verführung ?", herausgegeben im Auftrage der Katholischen Filmkommission für Oesterreich Tyrolia- Verlag, Innsbruck-Wien-München 1954, 120 Seiten, Preis 12 S. Die spärliche katholische Filmpublizistik in Oesterreich tritt mit dieser Veröffentlichung in einen neuen vielversprechenden Abschnitt. Gewiß konnte das ungeheure Unterfangen, das ganze Phänomen — Film und Kino, Technik und Wirtschaft, Schöpfer und Publikum, Ethik und Aesthetik u. a. — erstmalig in unser Blickfeld zu rücken, in diesem bescheidenen Umfang nicht gleich ganz gelingen. Trotzdem ist mit diesem Büchlein dem katholischen Filmfreund in Oesterreich, besonders dem „Anfänger", ein Vademecum von erstaunlicher Reichhaltigkeit und Standfestigkeit in die Hand gegeben, wogegen einige Mängel überholte Zahlen, Druckfehler wie „Kladanowsky”, die recht summarische Literaturübersicht, das Fehlen wenigstens eines kurzen Abrisses über das Jugendproblem sowie eine Andeutung der jüngsten entscheidenden technischdramaturgischen Revolutionen kaum ins Gewicht fallen. Schwerer dagegen könnte im Urteil mancher der Pauschaloptimismus des Verfassers wiegen. Gerade im katholischen Weltbild erschiene mir eine grundsätzliche Skepsis gegenüber dem Gesamtphänomen Film, besonders im Hinblick auf die oben angedeuteten dunklen und gefährlichen neueren Entwicklungen, nicht unangebracht. Man befände sich damit in guter Gesellschaft: der hellsichtigsten und klügsten kritischen Geister unserer Zeit.

Ob Jean Cocteau zu diesen gehört? Seine „G espräche über den Fil m", herausgegeben von Andre Fraigneau Bechtle-Verlag, Eßlingen 1953, 105 Seiten, sind hübsche, glitzernde Selbstbespiegelungen. Sie stellen aber doch eher das Tagebuch eines filmverliebten und filmbesesse-

nen Außenseiters als eine gültige Aussage dar. Erschütternd die Divergenz zwischen den gescheiten Reflexen Cocteaus über „Les Patents terribles" und der betrübenden Wirklichkeit dieses Films.

Kühler, exakter, wie das Thema es erfordert, gibt sich „Jugend und Spielfil m”, Erlebnisweisen und Einflüsse. Von Martin und Margarete Keilhacker F.rnst-Klett-Verlag, Stuttgart 1953, 128 Seiten. 6.20 DM. Eine fundierte Jugendpsychologie und Pädagogik des Films und eine Fundgrube gegenständlichsten Materials. Ein Vorstoß in absolutes Neuland. „Der Keilhacker" dürfte auf Jahre hinaus die Grundlage aller jugendpsychologiscten Filmliteratur in deutscher Sprache bleiben.

Die biographische Literatur hat von Georges Sadouls, „DasistChapli n", Sein Leben — seine Filme — seine Zeit, deutsch von Peter Loos Globus-Verlag, Wien 1954, 235 Seiten, Preis 45 S einiges erwartet. Die Enttäuschung ist grimmig. Das Buch mindestens in der vorliegenden deutschen Fassung strotzt vor Einseitigkeit und „Linie”, handgreiflichen Zurechtbiegungen und innerer Unwahrheit. Verdienstvoll lediglich der fundierte Nachweis Chaplinscher Art von der englischen Pantomime und die 18 Seiten starke, ausgezeichnete Chronologie.

Der „Oesterreichische Fi Im al ma- n a c h 1 9 5 4" Herausgeber Harry Nestor, Wien IV, Kleine Neugasse 4 liegt zeitgerecht wieder vor und hat sich im neuen 7. Jahrgang um eine allerdings zu dürftige Uebersicht über die 3-D-Verfahren und eine im Hinblick auf „Die letzte Brücke" sehr aktuelle Abteilung „Jugoslawien als Co.-Produktionspartner" erweitert. Damit wächst „der Nestor" über ein reines, allerdings unentbehrliches Branchen-Anschriften- verzeichnis hinaus und nähert sich -wieder der im Titel vorgezeicbncten Aufgabe eines richtigen Jahrbuches.

sehen Staaten verschwindend klein ist, daß dieses Land mehr jüdische Einwanderer aufnehmen mußte, als Araber geflüchtet waren, und daß die Kosten der Einwanderung und die Vermögensverluste der irakischen Juden zusammen etwa sechsmal so hoch waren wie die zurückgelassenen Werte der Araber Palästinas, wird man verstehen können, daß Israel sich wei- gert, die geflüchteten Araber in seinem Gebiet wieder anzusiedeln.

Somit schlug die eingangs zitierte Kommission im Dezember 1951 der Generalversammlung der UNO vor, die geflüchteten Palästinaaraber in den arabischen Staaten anzusiedeln, die dringendst zusätzliche Arbeitskräfte brauchen. Damit sollte nur ein Vorschlag zum Austausch der jüdischen Bevölkerung in den arabischen Staaten mit der arabischen Bevölkerung Palästinas durchgeführt werden, der schon 1937 von den verantwortlichen britischen Staatsmännern gemacht und von der Mandatskommission des Völkerbundes gutgeheißen wurde. In diesem Zusammenhang verweist der Bericht an die UNO auf einen Präzedenzfall, da 1923 unter dem Schutz des Völkerbundes 1,250.000 Griechen aus der Türkei gegen 355.000 Türken aus Griechenland ausgetauscht wurden.

Die strategische und die politische Seite des Problems wird erst klar, wenn man seine Vorgeschichte kennt. Seit Beginn der zionistischen Besiedlung Palästinas setzten sich die arabischen Politiker entschie- denst dagegen zur Wehr. Diese Haltung bewog im Jahre 1939 die Regierung Chamberlain zur Nachgiebigkeit gegenüber den Arabern, um sie nicht zu Bundesgenossen Hitlers und Mussolinis werden zu lassen. So erließ sie das sogenannte Weißbuch, das die jüdische Einwanderung nach Palästina gerade in der kritischesten Zeit beschränkte. Auch noch nach dem zweiten Weltkrieg hielt die britische Labourregierung entgegen der früheren Linie dieser Partei an der Politik des Weißbuches fest, und Hunderttausende von insgesamt 1,111.000 überlebenden europäischen Juden, vorwiegend aus Osteuropa, warteten in Lagern in Deutschland und Oesterreich auf ihren Weitertransport nach Palästina. Da das jüdische Flüchtlingsproblem in Europa zu einer immer brennenderen Frage wurde und die britischen Mandatsbehörden die legale Einwanderung nach Palästina so gut wie sperrten, begann die sogenannte Ha’apala. Dieses hebräische Wort heißt zu deutsch „Wagnis" und wurde vom Standpunkt der britischen Mandatsverwaltung als „illegale Einwanderung" bezeichnet. Daß es dabei zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Juden und Engländern kam, war unvermeidlich. Da es Großbritannien vorzog, von seiner araberfreundlichen Politik in Palästina nicht abzuweiehen, legte es im Frühjahr 1947 das Palästinamandat in die Hände der UNO zurück. Diese faßte in ihrer Vollversammlung vom 29. November 1947 mit 32 gegen 13 Stimmen bei zehn Stimmenenthaltungen den Beschluß, Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat zu teilen und das Gebiet um Jerusalem unter internationale Verwaltung zu stellen.

Seit diesem Beschluß begann der offene Krieg der Arab- gegen den noch nicht einmal proklamierten Staat Israel. Mit großer Uebermacht griffen die Araber, zum Teil noch vor den Augen der Engländer, jüdische Siedlungen und Transport’- an. Der arabische Partisanenführer Fawzi Qawuqji sprich Fausi Kawudschi gründete die sogenannte palästinensische Befreiungsarmee, der sich auch Araber aus allen Nachbarstaaten Palästinas anschlossen. Ein Flugblatt der jüdischen Verteidigungsorganisation Hagana, das im November 1947 an die Araber verteilt wurde und diese zur Zusammenarbeit aufrief, blieb wirkungslos.

Um die Gründe der arabischen Flucht aus Palästina deutlich zu machen, seien zwei Zitate wörtlich angeführt: Am 23. April 1948 sagte der britische Vertreter im Sicherheitsrat,’ Sir’ Alexander Cadogan:

„Während der vergangenen Woche war die Tendenz unter den Arabern festzustellen, in die Stadt Haifa einzusickern. Während der vier Tage vor der Hagana-Offensive fanden dauernd Angriffe auf Juden statt. Er scheint demnach, daß die Araber für die jüngste Entwicklung in Haifa selbst verantwortlich sind."

Die Hagana-Offensive, von der Sir Alexander Cadogan sprach, war nach dem eingangs zitierten Bericht an die UNO ein Vorstoß von ganzen 200 Hagana-Soldaten am 22. April 1948 in die arabischen Stadtteile Haifas. Als Ergebnis davon ergriffen 60.000 Araber die Flucht. Zu demselben Ereignis schrieb ein Augenzeuge am 2. Oktober 1948 im „London Economist":

„Die jüdischen Behörden riefen die Araber zum Bleiben auf. Auch die meisten britischen Beamten gaben denselben Rat. Aber das arabische Hochkomitee forderte in Rundfunkaufrufen die Araber zur Flucht auf. Die Araber sollten sich sammeln und nach dem 14. Mai die Juden mit Hilfe der arabischen Armeen ins Meer treiben. Diejenigen Araber, die sich unter jüdischen Schutz stellen, seien Renegaten." Die eigene Schuld an der Entstehung des Flüchtlingsproblems wurde von etlichen Arabern auch selbst zugegeben. Am 20. April 1948 sagte Jamal Husaini, der stellvertretende Vorsitzende des arabischen Hochkomitees, vor dem Sicherheitsrat:

„Die Araber werden keinem Waffenstillstand mit den Juden zustimmen, sondern es vorziehen, ihre Wohnsitze zu verlassen."

Am 6. September. 1948 sagte der Sekretär des arabischen Hochkomitees, Emil Ghory, einem Korrespondenten des „Beirut Telegraph“:

„Das arabische Flüchtlingsproblem ist die direkte Folge der arabischen Politik, die sich gegen den Palästina-Teilungsplan und gegen den jüdischen Staat richtete. Die arabischen Staaten waren sich insgesamt bezüglich dieser Politik vollkommen einig, daher müssen sie sich auch um die Lösung dieses Problems kümmern.” Neben den angeführten wirtschaftlichen Erwägungen zwingen auch Gründe der Selbstverteidigung die israelische Regierung, einer Rücksiedlung der arabischen Flüchtlinge nicht zuzustimmen. So wie das Flüchtlingsproblem von den arabischen Politikern aus strategischen Gründen geschaffen wurde, so wird es aus ebendenselben Gründen auch weiter aufrechterhalten. Ueber die arabische Pläne in Verbindung mit dem Flüchtlingsproblem geben folgende arabische Pressestimmen Auskunft: Am 11. Oktober 1949 schrieb der ägyptische Außenminister Salah ed-Din in einem Leitartikel im „Al Mist”:

„Es sei also deutlichst kundegtan, daß, wenn wir die Rückkehr der Flüchtlinge fordern, die Araber darunter verstehen, daß sie als Herren und nicht als Sklaven in ihr Heimatland zurückkehren sollen. Noch deutlicher: Sie haben die Aufgabe, die Existenz des Staates Israel zu nihi- lieren."

Am 6. April 1951 diskutierte die libanesische Zeitung „Az-Ziyyad" die Vorteile, die ein Friedensvertrag mit Israel und die Rückkehr der arabischen Flüchtlinge für die arabischen Staaten bringen würde:

„Die Rückkehr aller Flüchtlinge in ihre Heimat würde sichergestellt sein. Dadurch würde einerseits das Flüchtlingsproblem gelöst und andererseits eine arabische Majorität geschaffen werden, die eine starke fünfte Kolonne für den Tag der Rache und der Abrechnung bilden würde."

Es ist daher selbstverständlich, daß keine verantwortungsvolle israelische Regierung der Bildung einer fünften Kolonne in ihrem Lande selbst zustimmen kann, zumal die Feindschaft der arabischen Staaten Israel gegenüber, wie zwei neueste arabische Pressestimmen erkennen lassen, mit unverminderter Heftigkeit andauert. Wie die im arabischen Teil von Jerusalem erscheinende Zeitung „Al Jahad“ vom 27. De-

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