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Heißer Sommer für Israel

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Israel nähert sich nun schon dem dritten Sommer nach dem Sechs-Tage-Krieg, ohne daß sich die Situation im Grunde geändert hätte. Die Aussichten auf einen nahen Frieden sind gleich Null. Die Feindschaft der arabischen Nachbarn ist geblieben und gestiegen. Die arabischen Armeen haben in den zwei letzten Jahren ihre Streitkräfte wieder aufbauen können und versuchen nun, die Moral mit Hilfe des Hasses gegen Israel zu heben. Der Ruf nach Rache hat die arabische Position nur versteift.

Solange diese Situation anhält, ist Israel gezwungen, alle besetzten Gebiete weiterhin zu behalten. Es ist klar, daß die arabischen Staaten nicht zögern werden, einen vierten Krieg gegen Israel zu beginnen, wenn sie glauben, daß sich die politischen und militärischen Möglichkeiten zu ihren Gunsten gewendet haben. Allerdings hängt das militärische Gleichgewicht auch von den israelischen Positionen ab, die sich seit dem Sechs-Tage-Krieg um vieles gebessert haben. Das israelische Militär ist heute moderner ausgerüstet als vorher. Jeder arabische Angriff stößt heute erst auf geographisch-topographische Hindernisse, bevor er das Zentrum Israels treffen kann. Es handelt sich um den Suezkanal, die Wüste, das Jordantal und das gebirgige Gelände in Judäa und die Golananhöhen. Trotz allem können die arabischen Staaten mit Leichtigkeit den Funken zum Entzünden bringen.

Vie fügt sich die Sowjetunion in dieses Gebilde im Mittleren Osten ein? Vor einiger Zeit erklärte Frau Golda Meir, und einige Tage vorher der israelische Stabschef, General Chaim Bar-Lev, daß sich Rußland in keinen bewaffneten Konflikt mit Israel einlassen will, aber ahne Zweifel im Kriegsfalle die arabischen Staaten durch Waffen, Instruktoren und auch auf der internationalen politischen Ebene unterstützen werde.

Sollte es zu einem erneuten Krieg kommen, so würde sich der israelische Generalstab minimale und maximale Ziele stecken. Ein erneuter Sieg hängt nicht nur von dem militärischen Potential Israels, sondern auch von der internationalen politischen Situation ab. Das minimalste Ziel ist die Beibehaltung der heute bereits erreichten FeuereinsteLlungs-linien. Die maximalen Ziele sind heute schwer anzugeben, jedenfalls will Israel auch bei einer vierten Runde Sieger bleiben und den Feind auf Gebieten schlagen, die heute nicht in seinem Besitze sind. Die Initiative zu einem neuen Krieg wird in keinem Fall von Israel aus kommen, da Israel an keinem neuen Gebietszuwachs interessiert ist. Die heutigen Feuereinstellungslinien gelten auch vom topographischen Standpunkt aus für fast ideal, und die israelischen Militärs stellen in, dieser Hinsicht keine Forderungen. Außerdem ist anzunehmen, daß, sobald die arabischen Staaten vor einer völligen Niederlage stehen, die Großmächte eine Feuereinstellung erzwingen würden, so daß, wenn es zu einem vierten Krieg kommen sollte (der erste Krieg war der Befreiungskrieg im Jahre 1948, der zweite der Sinai-Feldaug im Jahre 1956 und der dritte der Sechs-Tage-Krieg im Juni 1967), dies höchstwahrscheinlich wieder ein Blitzkrieg werden würde.

Die militärischen Probleme, vor die Israel gestellt wird, sind auch von alltäglichem Charakter, da durchschnittlich 30 bis 40 Fälle von Schußwechseln an den verschiedenen Grenzen Israels in der Woche zu verzeichnen sind. Die Initiative geht von den verschiedenen Terrororganisationen, die in ihren Aktionen von dem jordanischen Militär und von irakischen Einheiten, die in Jordanien stationiert sind, unterstützt werden, aus. Die direkten militärischen Zusammenstöße haben sich in den letzten Wochen ausschließlich auf den Suezkanal konzentriert.

richtet sich hauptsächlich gegen die versch iedenen Terrororganisationen, deren wichtigste die El Fatah ist. Hier hat Israel auf der Verteidigungsebene fast die optimale Grenze erreicht. Es wurde ein Sicherheitszaun errichtet, Stellungen ausgebaut, es werden täglich Patrouillen ausgeschickt und Hinterhalte gegen eventuelle Grenzüberfälle angelegt. Trotzdem kann man eine hunderte von Kilometern lange Grenze nicht hermetisch abschließen. Um das Erstarken der Terrororganisationen zu unterbinden, werden von Zeit zu Zeit Terrorbasen, die sich zum größten Teil auf jordanischem Gebiet befinden, von Bombenflugzeugen angegriffen. Auch Militäreinheiten, die die Terrororganisationen unterstützen, sind miteinbegriffen. Der israelische Generalstab ist dauernd versucht, neue militärische Lösungen zu finden, da auch der Feind aus seiner Erfahrung lernt. Wenn die Frage gestellt wird: was soll weiter werden? lautet im allgemeinen die Antwort: ausharren, denn Frieden steht noch lange nicht vor der Tür! Auch dieser Sommer wird höchstwahrscheinlich ein sehr heißer, mit viel unangenehmen Überraschungen werden.

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