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Ein Jahr nach Akaba

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Weder die arabischen Führer noch ihre Politik hat sich in dem Jahr seit dem Krieg Israels gegen seine Nachbarn geändert. Sie wurden nicht genötigt, sich dafür zu recht- fertigen, daß sie ihre Völker in einen verlorenen Krieg getrieben hatten. Deshalb müssen wir uns auf einen neuen Krieg vorbereiten. Wir müssen auch verstehen, daß im Falle der Eröffnung der Feindseligkeiten von seiten der Araber ein großer Teil der Welt ihren Versuch, uns aus unse ren gegenwärtigen Stellungen zu verdrängen, als Verteidigungsmaßnahme ansehen wird — deren Ziel die Zurückeroberung von Gebieten ist, die sie als „Opfer des Angriffskrieges“ verloren haben.

Der Wiederaufbau der arabischen Armeen ist unerwartet schnell vor sich gegangen. Die Ägypter haben wahrscheinlich alle Flugzeuge und Panzer, die sie im Krieg verloren haben, bereits ersetzt, in manchen Fällen mit modernerem Material als vorher. Das wird Sie sicherlich dazu anspornert, uns aus unseren gegenwärtigen Stellungen zu verdrängen, ohne Friedensschluß und Anerkennung Israels.

Die Araber reagierten auf die militärische Niederlage mit einem Stilwechsel, ohne ihre eigentliche Politik zu ändern. Sie sprechen von einer politischen Lösung, um für ihre militärischen Vorbereitungen Zeit zu gewinnen. Sie erklären:jetzt, daß es ein Fehler war, ihre Absicht,

Israel zu zerstören, öffentlich verlauten zu lassen — es ist dabei bemerkenswert, daß der Fehler nicht darin lag, Israel zerstören zu wollen, sondern nur darin, daß man sich darüber äußerte.

Dieser Stilwechsel mag wohl einige Erklärungen mit sich bringen. Ägypten mag erklären, daß es bereit ist, Änderungen des Status von Gaza in Betracht zu ziehen, und Jordanien mag eine ähnliche Erklärung in bezug auf Jerusalem abgeben. Solche Erklärungen mögen zwar die Großmächte befriedigen, aber wir dürfen uns nicht von ihnen täuschen lassen. Es ist ihre Absicht, Zeit zu gewinnen, während sie ihre Heere wiederauf rüsten. Es bestehen keine Anzeichen dafür, daß ihre Weigerung, sich mit Israels Existenz abzu- flnden, irgendeine Änderung erfahren hat.

Saures Leben

Wir sind an einer Wiederaufnahme der Kämpfe nicht interessiert und werden auf einer Beachtung der

Feuereinstellungsabkommen bestehen. Unsere Truppen haben Befehl, nicht automatisch das Feuer zu erwidern, wenn auf sie geschossen wird. Aber der Gegner hat auch seine Politik, und er nimmt an, daß Israel nicht imstande sein wird, die gegenwärtige Feuereinstellungslinie und die besetzten Gebiete gegen den Widerstand einer Million Araber, die dort leben, aufrechtzuerhalten. Es ist ihr Ziel, uns das Leben so schwer als möglich zu machen.

Doch die arabische Bevölkerung hat verstanden, daß sie um so besser lebt, je weniger Sabotageakte es gibt. Ihre Abgesandten haben Hussein gebeten, den Terror abzublasen, weil er schließlich und endlich sie dazu zwingt, ihre Wohnorte zu verlassen. Sie sind sich dessen bewußt, daß sie unter israelischem Schutz ein erträglicheres Leben führen können.

Wir wollen nicht wie Kolonialbeamte oder Kommissäre handeln. Die Gemeindeverwaltungen der Städte wurden unberührt gelassen. Es ist nicht unser Wunsch, einen israelischen Beamten in jedem Amt oder Klassenzimmer zu haben. Unter den 4600 Angestellten im Erziehungswesen der arabischen Gebiete gibt es bloß neun Israelis.

Ebenso wie unser Zusammenleben mit der arabischen Bevölkerung in den besetzten Gebieten erfolgreich ist, so steht auch unsere Konfrontation mit Jordanien günstig. In den sechs Monaten seit Kriegsende wurde mehr friedliche Tätigkeit am Jordan entfaltet als während der zwanzig Jahre eines sogenannten Waffenstillstandsvertrages. Ohne Vermittler streben wir täglich den Frieden mit allen unseren Kräften an und wir erreichen ihn jeden Tag.

Es ist unser Ziel, das Unmögliche zur Wirklichkeit zu machen. Und das kann man dadurch tun, daß man beweist, daß die Alternative noch weniger realistisch ist, weil man uns nicht zwingen kann, uns an die früheren Grenzen zurückzuziehen und die ehemaligen Waffenstillstandsverträge Wiederaufleben zu lassen.

Vorwurf zu begegnen, daß Russen gegen ihren Willen zurückgehalten würden. Das ist hinter dem Eisernen Vorhang, der auch ein geistiger ist, unbegreiflich und verdächtig.

Das zeigt aber auch die Gefahren, denen jeder der hunderttausenden Touristen ausgesetzt ist, der sich aus Neugierde in eines der totalitären Länder begibt, wenn die Falle auch nur im hunderttausendsten Falle zu- schnappt. Ein dummer, harmloser Fall, in dem sich ein Reisender ein wertloses Andenken aneignete; eine unfreundliche Bemerkung über einen der neuen schwarzen Herrscher, die als Majestätsbeleidigung gegen das Volk behandelt wird, wird zu einem Gerichtsfall aufgebauscht, der dem Staate tausende Dollars einträgt. Eine Entgleisung im viel- maschigen Recht, mitunter künstlich provoziert, kann zu Erpressungen und zum Zwang zur Spionage benützt werden. Das alles ist durchaus folgerichtig. Das Interesse des Staates, wie seine Beherrscher es verstehen, nicht das Recht des Individuums, nicht Gastrecht gilt.

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