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„Kleiner Krieg“ für das Prestige

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Trotz der militärischen Erfolge der verschiedenen Kommandoangriffe und Luftkämpfe gegen ägyptische Streitkräfte sowie Bombenangriffe und Einfälle gegen Jordanien zeigt es sich, daß an der Propagandafront die arabischen Staaten die Oberhand haben. Schon vor einem Jahr, als israelische Panzereinheiten die Ter-roristenibase Karameh in Südjordanien fast dem Erdboden gleichmachten, hunderte Terroristen gefangen nahmen und unzählige töteten, jedoch einen defekten Tank zurückließen, wurde dieser Angriff als ein jordanischer militärischer Sieg ausgewertet. Bis auf den heutigen Tag ist die Bevölkerung Jordaniens und der anderen arabischen Staaten überzeugt, daß hier die israelische Armee einen heftigen Schlag erlitten hatte.

Aus Niederlagen — Siege In den letzten Tagen überfielen israelische Koanimandoeinheiten eine Küstenstation zehn Kilometer südlich von Suez, die ganze Besatzung — 26 Mann — wurde darauf aufgerieben. Bei Nadj Chammadi in Oberägypten wurde zweimal die Hochspannungsleitung, die nach Kairo und Alexandrien führt, demoliert. Dies, obwohl die ägyptischen Behörden behauptet hatten, daß kein fremdes Flugzeug die ägyptischen Gebiete überfliegen kann. Vor ungefähr drei Tpgen wurde bei Nadj el Nazra, 400 Kilometer südlich von Kairo, 200 Kilometer westlich vom Ufer des Roten Meeres, wo die Hochspannungsleitung, die nach Kairo und Alexandrien führt, auch unterbrochen. Die ägyptischen Sprecher dementierten dies einfach. Bei

den anderen oben genannten Angriffen hingegen erklärten sie, daß das strategisch wichtigste Gebiet Ägyptens zwischen dem Suezkanal und Kairo liegt. Dort seien die Streitkräfte konzentriert und in dauerndem Bereitschaftszustand. Doch die feigen Israelis trauen sich nicht, dieses Gebiet anzugreifen. Statt dessen begnügen sie sich mit minder wichtigen und zweitrangigen Zielen ... Fünfmal machten ägyptische Kommandoeinheiten den Versuch, israelische Bunker am Suezkanal anzugreifen. Sie wurden mit Verlusten zurückgeschlagen und konnten nicht einmal Fuß am Ostufer fassen, aber auch hier verwandelte die ägyptische Propagandamaschine diese Angriffe in große Siege. Da in den arabischen Staaten alle Kommunikationsmittel unter schärfster Kontrolle stehen, so glaubt die Bevölkerung diese einseitigen Berichte und macht sich ein utopisches Bild von der Situation. Mit anderen Worten: die Kriegslust wird mit diesen vermeintlichen Siegen immer mehr angefeuert.

Wasserversorgung gestört

Israel versucht seit einigen Tagen eine neue Methode in seinen Vergel-tungsangriffen. Vor kurzem wurden zum erstenmal nach langer. Zeit zivile Ziele in Jordanien angegriffen. Mit der Sprengung des Ost-Ghor-Kanals wurde die Bewässerung des Ostjordantales teilweise stillgelegt. Nach langer Zeit wurden jordanische Militäranlagen bombardiert, um König Hussein nochmals daran zu erinnern, daß sein Militär für die Angriffe auf israelische Grenzsiedlungen mit verantwortlich ist. Frau

Golda Meir, Israels Premierminister, erklärte: „Wir werden erst dann den Jordaniern die Möglichkeit geben, den Ost-Ghor-Kanal zu reparieren, wenn auch auf uns nicht geschossen wird.“ Denn die meisten Bewohner der Grenzsiedlungen schlafen schon monatelang fast allnächtlich in den Luftschutzunterständen, weil ihre Wohnungen beschossen werden. Innerhalb Israels kam es in den letzten Tagen zu zwei großen Terroranschlägen: eine Höllenmaschine explodierte in Tel Aviv, nur durch ein Wunder gab es keine großen Opfer, und einige Tage vorher wurde ein Anschlag auf den Petroleumhafen von Haifa verübt. Trotzdem erklärte dieser Tage Außenminister Abba Eban: „Ich bin überzeugt, daß die Eskalation an den Grenzen nicht imbedingt zu einem Krieg führen muß; wenn Israel, Ägypten, Jordanien und der Libanon sich an einen Tisch setzen würden, so werden sie bestimmt nicht vor Erreichung eines Friedens aufstehen.“ Allerdings, diese Meinung des optimistischen Außenministers wird nicht von allen Kreisen in Israel geteilt, und General Mosche Dajan fürchtet, daß die Eskalation einen Krieg bringen muß, wenn kein anderer Ausweg gefunden wird. „Was die Ägypter brauchen, ist ein kleiner militärischer Sieg. Erst dann sind sie zu Verhandlungen bereit“, erklärte dieser Tage ein französischer Journalist, der von dort zurückkehrte. Das Unglück ist, daß Israel es sich nicht leisten kann, eine militärische Niederlage zu erleiden, nur um das Prestige der Araber zu wahren.

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