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Sinaifrieden — auf Sand gebaut ?

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Zum zweiten Mal innerhalb von 25 Jahren mußten die Israelis am vorigen Sonntag, den 25. April, den Sinai an Ägypten zurückgeben. 1957 wie 1982 war es in beiden Fällen massiver Druck aus den USA, der sie zu dieser Aufgabe eines strategisch und energiewirtschaftlich eigentlich unentbehrlichen Lebensraumes genötigt hat.der außerdem mit ihrer mosaischen Tradition in tiefstem Zusammenhang steht.

Diesmal hat Israel als Gegenleistung wenigstens einen Friedensvertrag erhalten. Er wurde jedoch von Ägypten schon seit geraumer Zeit immer unfreundlicher und unwilliger eingehalten.

Die Regierung Begin hatte sich daher in den letzten zwei Wochen vor der endgültigen Sinai-Preisgabe um neue Sicherheiten aus Kairo bemüht. Dank des energischen Drängens von US-Vizestaatssekretär Walter Stoessel hat sie aber nur das Konsulat in Alexandria zugestanden erhalten, dessen Eröffnung schon 1980 fällig gewesen wäre.

Auf der anderen Seite zeigte die politische Führung in Kairo nach den Tagen harten Ringens um die Einhaltung von Israels Sinaiabzug eine überraschend geringe Genugtuung über den Abschluß und Höhepunkt des Friedensprozesses von Camp David. Auch Präsident Hosni Mubaraks beharrliche Weigerung, an den Ubergabefeierlichkeiten in Scharm El-Scheich und Rafah auch nur teilzunehmen, sieht nach Arroganz und allzuviel Rücksicht auf seine wiedergewonnenen arabischen Freunde aus.

Selbst die Gleichgültigkeit, mit der die ägyptische Öffentlichkeit auf das endliche Nachgeben Israels reagiert, muß nach den tragischen Szenen von Yamit als dumpfe Undankbarkeit erscheinen.

Zwar wurde der Sonntag von Informationsminister Sawai Asch-Scharif als „historischer Tag" bezeichnet; und er ist es auch — allerdings mehr als Wendepunkt für die seit Sadats Jerusalem-Reise strapazierten ägyptisch-arabischen Beziehungen.

Mubaraks Emissäre waren schon seit Jahresanfang in verschiedenen nahöstlichen und nordafrikanischen Hauptstädten und bei der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) unterwegs, um die „Bedingungen" für eine Wiederaussöhnung zu erfahren. In erster Linie wollten aber alle von Gaddafi bis Arafat zunächst einmal abwarten, ob Israel tatsächlich den gesamten Sinai räumen würde. Dann erst könnte der eigentliche Normalisierungsprozeß beginnen.

Man muß es Mubarak lassen, daß er damit keine Sekunde. Zeit verloren hat. Kaum war der israelische Kabinettsbeschluß herau-ßen, begannen die Bulldozer das blühende Yamit wieder in jene triste Wüstenei zu verwandeln, die die israelischen Pioniere von Ägypten übernommen hatten, empfing er auch schon Mittelsmann Assauwi aus Oman in Sachen allarabischen Neubeginns.

Spätestens auf dem nächsten Gipfeltreffen der Liga wird der Antrag zur Löschung von Ägyptens Suspendierung und auf seine Wiederbeteiligung an allen — israelfeindlichen - arabischen Organismen gestellt werden.

Man muß daher fürchten, daß auch diese zweite Sinailösung nur auf Sand gebaut ist. Umgekehrt hat sich Ägypten mit Rückgewinnung der Halbinsel nicht nur Erdölvorkommen und herrliche Palmenstrände eingehandelt. Mit dem ägyptischen Teil der Stadt Rasfah an der Grenze zum Gazastreifen muß Kairo auch das PLO-Lager „Canada" mit über 5000 militanten Flüchtlingen übernehmen.

Ihr erstes Verhalten zu den Beamten und Polizisten Mubaraks ist ausgesprochen feindlich. Die Ägypter, die auch nach dem Friedensschluß nur Schadenfreude über jeden palästinensischen Terroranschlag gegen Israel bekundeten, haben jetzt selbst die ersten Läuse im Pelz.

Falls sich jedoch bei den immer offenkundigeren Machtkämpfen in Kairo nicht der Nasser-Erneu-erer Mubarak, sondern sein realistischer Gegenspieler aus der Armee, Marschall Gasala, durchsetzt, wird Ägypten allerdings versuchen, aus diesen Palästinensern ein Verhandlungsteam zur Beteiligung an den Autonomiegesprächen mit Israel aufzubauen.

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