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Viel Luft, kaum Inhalte

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Israels Ministerpräsident Schimon Peres, der laut Koalitionsabkommen in einem Monat sein Amt dem politischen Gegner und rechtskonservativen Likud-Füh-rer Jizchak Schamir abtreten muß, konnte noch in letzter Stunde seinen eigenen Stempel auf Israels neue Friedenspolitik drük-ken.

Zuerst kam das Treffen Peres' mit König Hassan II. in Marokko. Der jüngste Gipfel in Alexandria mit Ägyptens Staatspräsident Hosni Mubarak war von noch größerer Bedeutung. Denn trotz des Friedensvertrages waren die Beziehungen zwischen Israel und Ägypten in den letzten fünf Jahren deutlich erkaltet.

Als Schimon Peres vor zirka zwei Jahren das Amt des Ministerpräsidenten übernahm, war eines seiner ersten Ziele eine Gipfelkonferenz mit Ägyptens Staatspräsident Hosni Mubarak. Peres wollte schon damals eine neue Friedenspolitik einleiten, den „eingefrorenen“ Frieden mit Ägypten wieder auftauen und mit Mubaraks Hilfe König Hussein von Jordanien an den Verhandlungstisch bringen.

Doch die ägyptische Seite hatte es nicht so eilig. Erst sollten die Israelis den Libanon verlassen. Als es dann mehr oder weniger so weit war, erinnerte man sich an den Taba-Konflikt. Dabei geht es um jenen 900 Quadratmeter großen Landzipfel südlich der Stadt Ei-lath, der von Ägypten und von Israel beansprucht wird. Es gab Diskussionen über Meilensteine, die auf Landkarten eingezeichnet waren, und Grenzpfähle, die nicht registriert waren.

Ein monatelanges Feilschen war die Folge. Der große Plan einer neuen Friedenspolitik wurde immer verschwommener. Mubarak erklärte eine Gipfelkonferenz erst dann für möglich, wenn man in der Taba-Frage zu einer Einigung gekommen sei.

Erst unmittelbar vor der für den 10. September anberaumten Gipfelkonferenz wurde in Kairo das langersehnte Vermittlungsdokument für ein internationales Schiedsgericht unterzeichnet — und so konnte am folgenden Tag der Gipfel Peres - Mubarak beginnen.

Das zunächst nur für eine halbe Stunde angesetzte Vier-Augen-Gespräch zwischen Peres und Mubarak dauerte schließlich sieben Stunden. Es darf als großer Erfolg bezeichnet werden. Zum Abschluß ging man daran, ein gemeinsames Kommunique zu verfassen. Hier traten dann die Verhandlungsteams der Israelis und der Ägypter in Aktion.

Ursprünglich sollte das gemeinsame Dokument folgenden Vorschlag beinhalten: „In den von Israel besetzten Gebieten soll eine Konfrontation mit Jordanien entstehen, wobei die Palästinenser des Westjordangebietes von Jordanien die volle Autonomie erhalten.“ Uber diese Formulierung konnte man sich jedoch nicht einigen. Denn der persönliche Vertraute von Staatspräsident Mubarak, Osama El-Bas, fand immer neue Gründe für eine „noch autonomere“ Autonomie.

Die Israelis nahmen daher von dieser Formulierung Abstand. Das einzige Delegationsmitglied, das offenbar darüber frohlockte, war das Knessetmitglied Dan Me-ridor, ein Vertrauter von Likud-Führer Jizchak Schamir. Meridor war deswegen in die Delegation aufgenommen worden, um sich an Ort und Stelle davon überzeugen zu können, daß Peres die Richtlinien der Koalitionsregierung peinlich einhält. In der Forderung zur Errichtung eines Palästinenserstaates in Form einer jordanisch-palästinensischen Konföderation sah der Likud einen Verstoß gegen die Regierungsbeschlüsse.

Was wurde auf diesem Gipfel eigentlich erreicht? Israels ehemaliger Außenminister Abba Eban, der Peres begleitete, meinte, es handle sich hier um ein „Souffle“. Es sieht schön aus, hat einen Zuckerüberguß — und enthält hauptsächlich Luft.

Jedenfalls ist aber die Tatsache, daß der Gipfel stattfand, allein schon wichtig. Es wurde der Beginn neuer bilateraler Beziehungen zwischen Israel und Ägypten signalisiert. Der Inhalt der Schlußerklärung ist nichts anderes als ein Wunschtraum vom Frieden. Für Schimon Peres ist diese Gipfelkonferenz ein persönlicher Erfolg als Staatsmann.

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