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Ägypten und die Araber nach Sadats Ermordung

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Nach der Ermordung Präsident Sadats heißt der neue ägyptische Staatschef Hosni Mubarak. Der bisherige Vizepräsident in Kairo tritt damit ebenso überraschend als ziemlich Unbekannter ins volle Rampenlicht der Nahost- und Weltpolitik, wie das nach dem Tode Abdel Nassers vor fast genau elf Jahren mit Sadat selbst der Fall gewesen war.

Nassers Nachfolger war damals allgemein zunächst unterschätzt worden. Ohne jetzt mit Mubarak denselben Fehler zu wiederholen, \ muß doch gesagt werden, daß er an das Format, den geistigen Hin-

tergrund und die politische Begabung Sadats schwer heranreichen wird.

Damit stellt sich die Frage nach Ägyptens innenpolitischer Stabilität und seiner Rolle als bisher ausgesprochen prowestlicher und konstruktiver Größe im nordafri-, kanisch-mittelöstlichen Großraum.

Der ehemalige Oberbefehlshaber der ägyptischen Luftwaffe ist in der Armee weit stärker verankert, als es Sadat gerade in den letzten Jahren gewesen war.

Das hatte bei Mubaraks Heranziehung als Vizepräsident im Jahre 1975 gerade nach Sadats Bruch mit Generalstabschef Schazli und dem gescheiterten Umsturzversuch der ägyptischen Offiziersschüler eine wichtige Rolle gespielt.

Bei den wiederholten Krisen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Männern, die letzte davon zu Beginn dieses Jahres, hat der Präsident das Einvernehmen mit seinem Vize aus dieser Rücksicht auf die Streitkräfte immer wieder suchen müssen. Wo und inwieweit Mubarak gerade in Fragen des Nahostfriedens, von Palästinapolitik und Wiederherstellung der gesamtarabischen Solidarität, eine von Sadat abweichende Meinung hatte, wird sich jetzt zeigen.

Ganz abgesehen davon, muß sich Sadats Nachfolger gerade angesichts der in letzter Zeit so vehementen Kritik an diesem innerhalb und außerhalb Ägyptens bei allen Pflichtlorbeeren unbedingt eigenständig von der Politik des Toten abheben. Gerade eine Annäherung an die gemäßigteren arabischen ölstaaten mit Saudi-' Arabien an der Spitze ist für die Epigonen Sadats ein Anliegen ihres politischen Uberlebens. ,

In diesem Zusammenhang ist überhaupt damit zu rechnen, daß Kairo seine bisher dominierende Rolle in der Nahostfrage wenigstens vorübergehend an Saudi-Arabien abgeben muß.

Auch innenpolitisch wird Mubarak mehr Verantwortung abgeben müssen, als das unter Sadat der Fall war. Er hat sich als Vizepräsident, wo er mit seinem Chef übereinstimmte, als zuverlässiger und treuer Gefolgsmann, kaum aber durch eigene Ideen, Reich-tum an Phantasie oder gar geniale Intuitionen wie etwa Sadats Jerusalem-Reise profiliert.

Außenpolitik, Armeeführung und der Sektor interne Sicherheit dürften daher unter ihm ebenso wie der wirtschaftliche und der soziale Bereich . stärkere Unabhängigkeit und Eigeninitiative eingeräumt erhalten. Was sicher nicht zu ihrem Nachteil sein wird.

Das bedeutet aber keineswegs eine Demokratisierung im Vergleich zu Sadats in den letzten beiden Jahren wieder recht autoritär gewordenem Regierungsstil. Die Ausrufung des Ausnahmezustandes gleich für ein ganzes Jahr, das rasche. Durchpeitschen der nach der Verfassung erst binnen zwei Monaten fälligen Bestätigung Mubaraks durch die allzeit gefügigen ägyptischen Stimmbürger und gerade die relative Schwäche der heuen Kairoer Administration den ungewissen Zukunftsdrohungen, einer islamischen Revolution ä la Iran oder auch eines regelrechten Militärputsches gegenüber haben die Weichen eher in Richtuiig von noch weniger Freiheit und Mitspracherecht des ägyptischen Volkes gestellt.

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