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„Der Krieg hat uns nicht gelähmt..

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Der Kanonendonner am Persisch-Arabischen Golf ist noch immer nicht verhallt, irakische und iranische Truppen leisten sich nach wie vor blutige Gefechte. Wie lange noch? Diese und andere Fragen richtete FURCHE-Redakteur Burkhard Bischof an den irakischen Finanzminister Thamir Erzouki, der sich unlängst am Rande einer OPEC-Konferenz in Wien zu einem Gespräch bereitfand.

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Der Kanonendonner am Persisch-Arabischen Golf ist noch immer nicht verhallt, irakische und iranische Truppen leisten sich nach wie vor blutige Gefechte. Wie lange noch? Diese und andere Fragen richtete FURCHE-Redakteur Burkhard Bischof an den irakischen Finanzminister Thamir Erzouki, der sich unlängst am Rande einer OPEC-Konferenz in Wien zu einem Gespräch bereitfand.

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FURCHE: Der Krieg zwischen Irak und Iran dauert nun schon etliche Mo­nate. Welche Auswirkungen hat dieser Konflikt auf die Wirtschaft Ihres Lan­des?

ERZOUKI: Von Anfang an ist es unserer Armee bei der Verteidigung der irakischen Souveränität und des iraki­schen Bodens gelungen, die Initiative zu übernehmen. Unsere Soldaten sind auf iranisches Territorium vorgedrun­gen und von da an waren wir auf der siegreichen Seite ...

Es war unserer Meinung nach ein in­direktes Motiv für diesen Krieg von der iranischen Seite, die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes zu läh­men. Solchen Absichten versuchen wir natürlich entgegenzuwirken. Denn wir wollen die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes - trotz des Krieges - vorantreiben.

FURCHE: Angenommen, der Krieg dauert noch beträchtlich länger: Wel­che Probleme sehen Sie dann auf ihr Land zukommen? Und wie glaubt der Irak, einen längeren Krieg finanzieren zu können?

ERZOUKI; Irak ist ein reiches Land. Wir exportieren Erdöl, wir ha­ben aber auch noch andere Ressourcen. Und wir haben Reserven, auf die wir zurückgreifen können. Denn es war von Anfang an ein erklärtes Ziel unserer Politik, große Reserven anzulegen.

Außerdem haben wir ja auch Freunde, die uns helfen. Und schließ­lich: Wir exportieren immer noch öl - nicht soviel wie vor dem Krieg, aber wir exportieren noch.

Um Ihnen noch andere Beispiele für unsere Situation zu geben: Erst kürz­lich haben wir Aufträge für den Bau ei­nes der größten Staudamm-Projekte der Welt vergeben - Kostenpunkt: 1,5 Milliarden Dollar. Der Entwicklungs­plan für 1981, den wir unlängst präsen­tiert haben, ist der größte in der Ge­

schichte des Irak. Der Krieg hat uns also nicht gelähmt.

FURCHE: Wie lange wird die krie­gerische Auseinandersetzung noch an­dauern?

ERZOUKI: Nicht mehr allzu lange. Wir glauben, daß die Bevölkerung des Iran das gegenwärtige Regime nicht mehr lange tolerieren wird. Wenn es einmal gestürzt ist und die Machtver­hältnisse sich geändert haben, kann es auch zu einer vertraglich ausgehandel­

ten Beilegung des Konfliktes kommen.

Wir sind Jahrhunderte lang mit unse­ren iranischen Nachbarn ausgekom­men. Den jetzigen Krieg haben wir nicht gewollt, er ist uns durch die Völ­kerrechts- und Souveränitätsverletzun­gen des Chomeini-Regimes aufgezwun­gen worden.

FURCHE: Zu Beginn des Krieges wurde berichtet, daß iranische Bom­benangriffe irakische Erdölförderanla­gen, Rohrleitungen und Raffinerien schwer beschädigt hätten. Wie haben sich die Angriffe auf die Produktion und den Export ausgewirkt?

ERZOUKI: Der Betrieb in unseren Erdöl-Einrichtungen ist aus techni­schen- und Sicherheitsgründen einge­stellt worden und nicht etwa, weil sie durch Bomben schwer beschädigt wur­den. Deshalb werden wir bald nach dem Krieg unsere Produktion wieder voll aufnehmen können.

Außerdem: Die Wirksamkeit ihrer Luftangriffe sind ganz gewiß etwas, worauf die iranischen Piloten nicht stolz zu sein brauchen. Wohl haben sie Opfer gefordert, aber die Schäden, die entstanden sind, halten sich in Grenzen.

FURCHE: Die Handelsbeziehungen des Irak mit den industrialisierten Län­dern. besonders mit Westeuropa und Japan, haben sich in den letzten Jahren bemerkenswert entwickelt. Können diese Beziehungen noch enger werden?

ERZOUKI: Wir suchen uns die Partner^ die uns bei der Erfüllung unse­rer wirtschaftlichen Ziele helfen kön­nen, nicht nach ideologischen Gesichts­punkten aus. Für uns zählen Qualität und der freie Wettbewerb. Dies ist der

Rahmen für unseren Handel mit der ganzen Welt - gleich, ob es sich um eu­ropäische oder nichteuropäische, um sozialistische oder westliche Staaten handelt.

Selbstverständlich geben wir bei gleichlautenden Angeboten unseren Freunden den Vorzug. Und wir wollen vermeiden, daß wir uns einseitig auf ein Land oder einen bestimmten Block als Wirtschaftspartner stützen müssen.

FURCHE: Was erwarten Sie von der neuen amerikanischen Regierung?

ERZOUKI: Es ist noch zu früh, um Reagans Politik gegenüber den arabi­schen Ländern zu beurteilen. Unsere Differenzen mit Washington sind we­der ideologischer noch bilateraler Na­tur: Das zentrale Problem ist die ameri­kanische Haltung in der Palästina- Frage.

Sollte sich diese Position in Richtung einer unparteiischen Sicht der Dinge ändern, die die Rechte der Araber aner­kennt und nicht verleugnet, könnten sich unsere Beziehungen zweifellos ver­bessern.

Wenn sich die US-Haltung zum Pa­lästinaproblem aber nicht ändert, die PLO von Washington weiterhin nicht als legale Vertretung des palästinensi­schen Volkes anerkannt wird, bleiben unsere Beziehungen zu den USA so wie bisher.

FURCHE: Also auch in Zukunft keine offiziellen diplomatischen Bezie­hungen zwischen Washington und Bag­dad ...

ERZOUKI: Wenn sich die Haltung der USA in der Palästina-Frage nicht ändert-nein! *

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