7048516-1990_43_11.jpg
Digital In Arbeit

Warten auf den Boom

Werbung
Werbung
Werbung

FURCHE: Sie exportieren JL aus dem Industriezentrum NÖ-Süd in Wiener Neudorf er- folgreich schon seit einigen Jah- ren Industrieroboteranlagen nicht nur in die EG und in die USA, sondern auch in die UdSSR und andere Ostblockstaaten. Wie hat sich die Öffnung auf Ihr Un- ternehmen ausgewirkt?

VORSTANDSDIREKTOR GÜNTHER KLOIMÜLLER: Erst Anfang September dieses Jahres haben wir einen Joint- Venture-Vertrag mit Ungarn un- terschrieben. Obwohl zur Zeit der ungarische Markt ziemlich darnieder liegt, wollen wir vor Ort sein, wenn Investitionen dort vorgenommen werden.

FURCHE: Sie betrachten dem- nach Ihr Engagement dort ledig- lich als Investition in die Zu- kunft?

KLOIMÜLLER: Nicht nur. Ein weiterer Aspekt für unsere Aktivitäten ist, daß die Löhne und Lohnnebenkosten in Ungarn noch immer wesentlich niedri- ger sind. Wir fertigen bereits jetzt lohnintensive Teile dort.

FURCHE: Sie sind auch in der CSFR tätig. Wie geht es nun dort weiter?

KLOIMÜLLER: Der Koope- rationspartner, den wir dort haben, ist in Auflösung begrif- fen. Hier warten wir erst einmal ab, welche Trümmer übrigblei- ben und mit welchem Teil wir uns dann zusammensetzen kön- nen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Auch hier verhandeln wir wegen eines Joint-Venture, kommen aber nicht weiter. Von Monat zu Monat ändern sich die Voraussetzungen. Trotzdem wird die CSFR als erstes Land positive Ergebnisse bringen, abgesehen von der DDR, die mit der Bundesrepu- blik einen starken Partner bekom- men hat.

FURCHE: Was bestärkt Sie in dieser Annahme?

KLOIMÜLLER: Die CSFR hat eine lange Tradition als Industrie- land. Die Leute dort waren auch er- staunlicherweise nicht so eupho- risch gewesen wie in den anderen Ländern. Sie haben sich gleich an die Arbeit gemacht. Sie kämpfen und bringen auch etwas weiter. Nicht so anderswo, wo man erst einmal die Freiheit genießt. In Po- len beispielsweise sind wir am wei- testen zurück. Die Konzerne und Kombinate werden dort zwar auch zerschlagen, was aber an ihre Stelle tritt, das sehen wir noch nicht.

FURCHE: Fast 20 Prozent Ihres Exportes gehen in die Sowjetuni- on. Wie hat sich dieser Markt ent- wickelt?

KLOIMÜLLER: Der Bedarf ist gigantisch, die Konfusion auch. Derzeit leidet die gesamte Sowjet- union unter den Umstrukturierun- gen und unter der Tatsache, daß die alte Organisation nicht funktioniert und die neue noch nicht funktio- niert. Das wird sicher noch einige Zeit dauern. Wir haben sehr gute Geschäfte dort gemacht. Sie sind jedoch bedeutend zurückgegangen.

FURCHE: Wann wird Ihrer Mei- nung nach der Investitionsboom im ehemaligen DDR-Gebiet einsetzen?

KLOIMÜLLER: Zur Zeit ist die Lage etwas problematisch. Als bekannt wurde, daß die Währung umgestellt wird, haben sehr viele westdeutsche Anbieter mit Liefe- rungen nach dem damaligen Ost- deutschland begonnen und die ost- deutschen Preise stark unterboten. Die Produktion in den ostdeutschen Betrieben dagegen ging in'Rich- tung Null. Eine hohe Arbeitslosig- keit, die weiter stark steigt, war die Folge.

Die westdeutschen Unternehmen jedoch investieren eher in ihre Stammbetriebe und exportieren die rationell gefertigten Produkte in die neuen fünf Bundesländer. Investi- tionen im Ostteil des Landes wer- den sicherlich noch eineinhalb Jahre auf sich warten lassen.

FURCHE: Sehen Sie in Ost- deutschland Chancen für öster- reichische Investoren?

KLOIMÜLLER: Die besten Aussichten werden die westdeut- schen Firmen haben. Die Finanz- spritzen, die gegeben werden, ge- schehen doch in der Absicht, daß sie wieder an deutsche Firmen zurückfließen.

FURCHE: Ihr großes Engage- ment läßt darauf schließen, daß Sie in der Zukunft vom Ostge- schäft einiges erwarten?

KLOIMÜLLER: Ja, wir sehen eine große Chance in diesem Markt, in all diesen Märkten, wir sind bestrebt, den Fuß jetzt hin- einzubringen, damit wir alles vorbereitet haben, wenn die Dinge dort ins Lauf en kommen.

FURCHE: Welche Unterstüt- zung erwarten Sie von der Bun- desregierung?

KLOIMÜLLER: Österreich, und damit meine ich die gesam- te österreichische Wirtschaft und auch die Bundesregierung, müs- sen bei den künftigen Aktionen sehr vorsichtig sein. Hier denke ich zum Beispiel an die Sowjet- union. Ich weiß, daß es von so- wjetischer Seite Anfragen gibt, einen Kreditrahmen einzuräu- men. Sollte die österreichische Regierung dieses Ersuchen ab- lehnen, könnte das fatale Folgen für unsere Wirtschaft haben, denn die Länder, die jetzt die Fi- nanzierungsmöglichkeiten ge- ben, werden auch in Zukunft die Geschäfte machen.

Das Gespräch führte Irmgard Inführ.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung