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Arabische Vietnamisierung

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Nach dem Abschluß des Waffenstillstands in Vietnam erschienen viele amerikanische Transportflugzeuge am Himmel des Nahen Ostens. Sie brachten Waffen. Alles wird gegen Teilzahlung ausgehändigt: „take first, pay later“. Mancherorts werden die heißen Waren halb verschenkt.

Nach Schätzungen von neutralen Beobachtern in Beirut haben die USA vor dem Inkrafttreten des Vietnam-Cease-flre 22 Prozent ihrer Waffen nach Indochina verfrachtet. Heute gelangen 37 Prozent davon nach Israel und in die arabische Welt. Bestellungen treffen täglich in den Staaten ein. Das Geschäft läuft.

Waffengroßkonzerne senden eigene Experten, Ausbildner, Berater, Kanoniere, Piloten und Fahrer. Der

neue blühende Markt für US-Waffen im Nahen Osten ist eigentlich den palästinensischen Guerillas zu verdanken. Wären sie nicht so heftig gegen die CIA aufgetreten, hätte die letztere auch nicht so viele freiwillige Helfer gefunden.

Als die arabischen Freischärler eine Reihe Pipelines und Öltanks in die Luft sprengten, gründeten das Pentagon, die CIA und das State Department in Zusammenarbeit mit den Erdölmagnaten von Texas ein „Operation-Center Near-East“ in

Beirut. Das Gebäude dieses Hauptquartiers ist eine Festung; außerhalb der hohen und dicken Mauern gibt es einen weiteren Verteidigungsring, 20 Panzer halten Tag und Nacht die Wacht.

In diesem Zentrum arbeiten Fachleute, allein die Zahl der Militärspezialisten beträgt 600 Mann.

Die Wehrmacht des Libanon wurde dank der Schlüsselposition dieses Landes als amerikanisierte Truppe ä la Vietnam ausgerüstet. Sogar das kleine Erdölparadies Kuwait steht da nicht zurück. Mit seinen reichen Dollarreserven kaufte es für 400 Millionen amerikanische Waffen, so daß seine 7000 Mann starke Armee derzeit eine Art von Ausrüstungsexplosion erlebt. Im Durchschnitt kommt nämlich auf 42 kuwaitische Soldaten ein schwerer Panzer vom Typ M-60, auf 2000 Mann ein Überschallkampfflugzeug vom Typ F-8. Außerdem gibt es zahlreiche Hubschrauber, Boden-Luft-Raketen und Boden-Boden-Raketen. Ob die Soldaten sich ihrer bedienen können, ist eine andere Frage.

Im Iran sind Waffen noch beliebter. Der Schah-in-Schah kaufte amerikanische Rüstungsbestände im Wert von zwei Milliarden US-Dollar. Sie umfassen Phantom-Jagdbomber,

Hubschrauber, Zerstörer, Raketen und Panzer. Außer Atombomben besitzen die Perser alle modernen Waffen und sie zahlen außerdem mit Bargeld. Teheran hat damit seine 190.000 Mann starken Streitkräfte zur modernsten Armee des Nahen und Mittleren Ostens gemacht. Nahe dem Erdölgebiet am Persischen Golf wurden zwei Stützpunkte errichtet, die jeweils 200 Mülionen und 600 Millionen US-Dollar kosteten. Iran bildet in den Augen Washingtons eine Mauer gegen die sowjetische Expansion aus Afghanistan in Richtung Süden.

Auf ähnliche Weise wurden die Truppen Saudi-Arabiens aufgerüstet. Der Unterschied liegt darin, daß sie sowohl hinsichtlich der Ausrüstung als auch der Ausbildung zu gleichen Teilen amerikanisch und britisch geprägt sind, was der Tradition in Saudi-Arabien und in Jordanien entspricht.

Die abgerichteten amerikanischen Soldaten und Offiziere aus dem Vietnamkrieg haben nun wieder eine interessante und gutbezahlte Beschäftigung im Nahen Osten; dies hat einerseits das Problem der Arbeitslosigkeit einigermaßen gelöst, anderseits werden dadurch die amerikanischen Interessen in diesem Raum verteidigt.

„Diesem Gentleman möchte ich gerne die Hand schütteln — wenn ich ihm unter anderen Umständen begegnen würde.“

Diese Worte sprach der Kapitän des „waidwund“ geschossenen britischen Trawlers in einem Interview, das er in Leith den britischen Presseleuten gab. Erstmals waren im Juni 1973 im isländisch-britischen Fischerei-„Krieg“ Schüsse gefallen: ein isländisches Kanonenboot hatte das Feuer auf einen britischen Trawler eröffnet. Seither haben sich England und Island geeinigt. Wie lange, ist eine offene Frage.

sehen Fischereigründen am meisten interessierte Großmacht, möchte aber seine Position nicht so leicht aufgeben: hängt doch vom freien Zugang zu den nun isländischen Hoheitsgewässern auch die Existenz so mancher schottischen Fischerfamilie ab. Und so leicht läßt sich eine ehemalige Großmacht von einer Handvoll Leute — es gibt nur 200.000 Isländer — nicht einschüchtern. Für sie ist eine geschützte Fischereizone

England, als die an den isländi-

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