6999152-1987_19_08.jpg
Digital In Arbeit

Das Undenkbare

Werbung
Werbung
Werbung

Die VOEST kommt nicht mehr zur Ruhe. Nur wenige Tage, nachdem die fruchtlose Diskussion um die Zahl der notwendigen Sanierung smilliar den mit Hilfe eines klugen Schachzuges des Gespanns Taus-Schüssel und dank des medialen Hitzeschildes der wieder voll entflammten Waldheim-Diskussion beendet wurde, wartete der VOEST-Vorstand erneut mit einer Hiobsbotschaft auf:

Die wirtschaftliche Situation der VOEST habe sich gegenüber den Annahmen, auf denen die Schätzung des ohnehin schon gewaltigen Sanierungsbedarfs fußt, weiter verschlechtert. Es sei für heuer nicht „nur“ mit einem Verlust von 3,8, sondern mit einem solchen von fünf bis sechs Milliarden Schilling zu rechnen.

Während in Linz bei Mai-Aufmärschen noch Transparente gegen den „Ausverkauf der Verstaatlichten“ hochgereckt wurden und Sozialminister Alfred Dallinger noch markige Parolen gegen eine Null-Lohnrunde bei der VOEST schmetterte, wird mittlerweile wahrscheinlich manches Politiker-Gehirn begonnen haben, das Undenkbare zu denken: Daß möglicherweise alles in Osterreich noch aufbringbare Geld die verstaatlichte Eisen- und Stahlindustrie nicht mehr wird retten können.

Das mutet wie eine krasse Überzeichnung der Situation an. Aber hielt man nicht noch vor fünf Jahren die Behauptung, die VEW und die VOEST hielten doppelt so-, viele Mitarbeiter als sie eigentlich brauchten, für eine maßlose Übertreibung militanter Verstaatlichten-Gegner? Heute ist klar, daß die beiden genannten Unternehmen höchstens diese Mitarbeiterzahl haben werden, so sie in der heutigen Form überhaupt überleben können.

Das Undenkbare rechtzeitig zu denken empfiehlt sich wegen der Größe der möglichen Tragödie: der menschlichen wie der finanziellen. Erstere läßt sich nicht quantifizieren, letztere etwas: Ohne daß die Republik Osterreich zu ihrer Haftungserklärung für die Kredite von VOEST und VEW steht, würde keines der großen involvierten Geldinstitute eine Auflösung der beiden Stahl-konzeme überleben.

Während Bruno Kreisky wahlweise auf Mallorca oder im Applaus der Arafat-Getreuen badet, dürfen 40.000 Stahlarbeiter und Millionen Steuerzahler seine irrige .Annahme“ ausbaden, daß man Arbeitslosigkeit mit einer Weisung an den Vorstand eines Staatsbetriebes verbieten kann. Vielleicht wird sich eines Tages eine Historikerkommission oucfe mit der Frage beschäftigen, ob ein Mann mit der außerordentlichen Intelligenz Bruno Kreisky s bona fide so handeln konnte…

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung