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Stahl(kon)fusion

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1968 schrieb die SPÖ die Forderung nach einer Unternehmenskonzentration im verstaatlichten Eisen- und Stahlbereich in ihr Wirtschaftsprogramm. 1973 fusionierte sie, mittlerweile alleinige Regierungspartei, die VOEST mit der Alpine Montan, 1975 die drei Edelstahlproduzenten Schoeller, Böhler und Styria zu den Vereinigten Edelstahlwerken (VEW).

Gegen massive Bedenken der Opposition und überstürzt. Bei der VOEST-Alpi-ne führte die Fusion zunächst einmal dazu, daß die Alpine-Belegschaft mit einem Schlag in den Genuß der höheren Löhne und Sozialleistungen ihrer Linzer Kollegen kam.

Möglicherweise gab es tatsächlich auch Rationalisierungserfolge. Tatsache ist aber jedenfalls, daß die VEW nie in Schwung kamen und daß die VOEST-Alpine jetzt jedenfalls endgültig außer Tritt ist. Die jährlichen Milliardenverluste haben dazu geführt, daß man bei VEW schon vor Jahren wieder mit der Zerlegung in kleinere Einheiten begonnen hat und sich dieses nun auch für VOEST ernsthaft überlegt.

Da darf sich der Steuerzahler, der die gesamte Fusion, Konfusion und neuerliche Entflechtung zahlt, wohl zu recht fragen, war denn das nötig. Denn daß ein Stahlkonzern, der alle möglichen neuen Produktionen inklusive Krankenhausmanagement an sich rafft, ohne dafür alte Sparten aufzugeben, irgendwann einmal unübersichtlich wird, kann sich jeder Hobby-Ökonom ausmalen.

Und warum hat dabei die Dachgesellschaft des ganzen verstaatlichten Bereiches, die ÖIAG, die jetzt vehement die Aufspaltung der VOEST verlangt, jahrelang tatenlos zugeschaut? Antwort: Weil ihr Chef zwar auf dem Papier der Chef des VOEST-Chefs ist — aber nur dort. Die Stärkung der ÖIAG stand zwar auch im SPÖ-Wirt-schaftsprogramm, wurde aber nie verwirklicht. De facto läßt sich VOEST-General-'direktor Apfalter von ÖIAG-Chef Grünwald genausowenig etwas sagen wie sein Vorgänger Koller von Grünwalds Vorgänger Franz Geist. Jeder Wirtschaftsjournalist in diesem Land weiß, wie die ÖIA G-Spitze in der Praxis vom VOEST-Ma-nagement gehäkerlt wird (um einen vornehmen Ausdruck zu gebrauchen).

Alle Regierungen haben sich bisher vor der unangenehmen Aufgabe gedrückt, klar zu sagen, welche Kompetenzen die ÖIAG denn nun wirklich hat. Will Sinowatz das Problem VOEST lösen, wird er u. a. auch einmal entscheiden müssen, ob wie überall in der Welt die Konzernmutter oder eine Konzerntochter (oder deren Betriebsratsobmann) das Sagen hat.

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