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Der Kater ist einkalkuliert

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Ein besseres Familienklima und , .alkoholfreie“ Treffpunkte für die Jugend strebt Niederösterreichs Landesrätin Liese Prokop nach einer Studie über Trinkverhalten an.

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Ein besseres Familienklima und , .alkoholfreie“ Treffpunkte für die Jugend strebt Niederösterreichs Landesrätin Liese Prokop nach einer Studie über Trinkverhalten an.

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Der tägliche Konsum von mindestens 60 Gramm reinem Alkohol — das entspricht etwa drei Vierteln Wein oder 1,25 Liter Bier — führt nach allgemeiner Auffassung zu gesundheitlichen Schäden. Nach der Eisenbach-Stangl- Studie (veröffentlicht im Österreichischen Jugendbericht 2,

Wien 1982) kommen 13% aller 16- bis 59jährigen Österreicher und immerhin 8% aller 16- bis 19jährigen Österreicher auf dieses tägliche Mindestquantum.

Die neue Studie „Jugend und Alkoholismus in Niederösterreich“, die der Soziologe Erich Brunmayr im Auftrag des Jugendreferats der Niederösterreichischen Landesregierung durchgeführt hat, scheint dieses Ausmaß an Trinkfreude nicht zu be-

stätigen. Brunmayrs Resümee seiner Jungalkoholikersuche: „Ich finde sie nicht.“

Daß in der Studie, bei der 1800 15- bis 19jährige Schüler und Lehrlinge befragt wurden, die jugendlichen Hilfsarbeiter fehlen, ist zwar für Brunmayr ein Mangel, aber keinesfalls eine ausreichende Erklärung dafür, daß seine Daten nicht mit jenen von Eisenbach-Stangl harmonieren. Aber vielleicht sind die Alkoholiker in der von Jugend-Landesrätin Liese Prokop vor gestellten Brun- mayr-Studie nur gut versteckt?

In Niederösterreich trinken 36% der Jugendlichen „fast nie“ Alkohol, 40% maximal einmal pro Woche, aber immerhin 24% mehrmals pro Woche oder sogar täglich. Von letzterer Gruppe trinken immerhin 25% (absolut also 6%) „gelegentlich über den Durst“ und stehen 19% (absolut also etwa 5%) zu dem Satz „Ein Kater am

Morgen ist besser als ein fader Abend“.

Nach Ortsgrößen und Landesteilen unterscheidet sich das Trinkverhalten kaum, nach Schultypen unwesentlich (Berufsschüler trinken am meisten, gefolgt von AHS und HTL sowie den anderen berufsbildenden Schulen).

Mädchen trinken deutlich seltener als Burschen, bei Jugendlichen auf Partnersuche steigen der Alkoholkonsum und der Trend zu Wein und Schnaps, während Burschen untereinander Bier bevorzugen. Noch höher als 19jährige geben 17jährige ihren Alkoholkonsum an, doch weiß Brunmayr „durch Kontrollfragen, daß hier Imponiergehabe dabei ist“. Es scheint zum Ritual des Erwachsenwerdens zu gehören, mit der eigenen Trinkfestigkeit zu prahlen.

Trinken ist in diesem Alter ein typisches Gruppenverhalten, wer sich meist zu Hause aufhält, trinkt fast nie etwas. Laut Landesrätin Prokop geht es daher vor allem um ein gutes Familienklima und Alternativen zum Gasthaus als dem mitunter einzigen Treffpunkt der Jugend.

Im Rahmen der Umfrage wurde auch erhoben, daß 45% der Burschen und 39% der Mädchen rauchen. Raucher und Alkoholkonsumenten fallen weitgehend zusammen. Diese Gruppe hat auch am meisten für Diskotheken übrig-

Gefahren durch den Alkoholkonsum sieht Brunmayr vor al lem im Straßenverkehr — „die meisten Unfälle mit Jugendlichen passieren unter Alkoholeinfluß“ — und im Berufsleben, da oftmaliges Verkatertsein den Job kosten kann.

Die Gefahr von Alkoholsucht schätzt Brunmayr für diese -Altersgruppe noch sehr gering ein. Denn zum Unterschied von den oft lebensmüden Drogenabhängigen sind die regelmäßigen „Trinker“ aktiv, lebenslustig und mit sich und der Welt zufrieden.

Und ein gewisses Quantum an Alkoholkonsum dürfte dem „großen Weinland an der Donau“ durchaus recht sein …

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