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Der kleine Mann und das (öl-)Meer

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Auf die ersten ölfunde im norwegischen Teil der Nordsee reagierten die Norweger vorerst mit Zurückhaltung und Skepsis. Erst als man bemerkte, daß sich kapitalkräftige Gesellschaften aus aller Welt um Bohrlizenzen bemühten, gewann die Uberzeugung Platz, daß hier das an Naturschätzen so arme und felsige Land am Rande des Nordmeeres ein Glückslos gezogen hatte, und nun folgte auf das anfängliche Mißtrauen ein Erdölrausch, der alle Schichten des Volkes ergriff und eine Umwälzung der Wirtschaftsstruktur des Landes einleitete. Was ist von den überschwenglichen Hoffnungen, die damals geboren wurden, geblieben?

Eigentlich ist es schwer begreiflich, wieso das ansonsten recht nüchtern denkende Volk einer Erdöl-Euphorie verfallen konnte, die schon der Nicht-Fachmann bei ernsterem Nachdenken als sachlich schwach fundiert erkennen mußte. Die Erdöl- und Gasfunde erfolgten weit von der Küste entfernt und zwischen diesem Gebiet und dem norwegischen Festland liegt die sogenannte Tiefseerinne, die das Verlegen einer Ölleitung unmöglich macht. Der öl- und Gastransport nach Schottland und Westdeutschland erfordert hohe Kosten und eine dementsprechend hohe ausländische Beteiligung, und die Erschließungsarbeiten selbst können nur mit ausländischer Finanz- und Expertenhilfe durchgeführt werden, was wiederum einen be trächtlichen Teil des Gewinnes in fremde Taschen verschwinden läßt.

So gut wie alle privaten Gesellschaftsgründungen, die im Erdölfieber zustandekamen, erwiesen sich als Fehlspekulation.

In Panik geratene Gesellschaftsleitungen versuchten der drohenden Katastrophe durch die Flucht in ausländische Unternehmen zu entgehen, mit meist sehr deprimierendem Resultat. So verlor die norwegische „DNO“-Ge-sellschaft durch die Beteiligung an einem amerikanischen ölprojekt 131 Millionen Kronen und damit ihr halbes Aktienkapital.

Nur wenigen der Aktienbesitzer gelang es, rechtzeitig von einem ins ungewisse Erdölabenteuer rasenden Zug abzuspringen und einen formalen Gewinn zu bergen. Aber auch sie kamen nicht ungeschoren davon, denn die Regierung setzte die Annahme eines Gesetzes durch, das Gewinne aus dem ölgeschäft rückwirkend hart besteuert. Wer nicht von sich aus seine Aktiengewinne zur Besteuerung angegeben hatte - der kleine Mann hat von diesen Dingen ja zumeist nicht die geringste Ahnung! -, konnte mit einer Strafsteuer von 50 bis 100 Prozent des Gewinnes belegt werden.

Die rasch gestiegenen Bohrkosten und die auf Dämpfung des Erdölfiebers bedachte Politik der Regierung sind die Hauptursachen der nun eingetretenen Ernüchterung.

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