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Die Gunst der Stunde

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Vor einigen Wochen habe ich mich ausführlich mit dem Pro und Kontra um den Bau des Kraftwerks Hainburg auseinandergesetzt (siehe FURCHE 10/1984). Nach Abwägung der Argumente schien mir folgende Schlußfolgerung nahezuliegen: Da Österreich in absehbarer Zukunft ausreichend mit Strom versorgt ist und da die Errichtung eines Kraftwerks langfristig zur Zerstörung von angrenzenden Augebieten führt, sollte unwiederbringlicher Schaden vermieden und das Kraftwerk derzeit nicht gebaut werden. Als Alternative bietet sich der Ausbau der — nicht umstrittenen — Staustufe Wien an.

Ich identifiziere mich also mit dem Anliegen des Volksbegehren^, den Bau des Kraftwerks Hainburg zu verhindern.

Seit Jahren bemühe ich mich auch aufzuzeigen, daß wir dringend ein neues Energiekonzept brauchen: Alle Maßnahmen zur wirksameren Nutzung und zum sparsameren Einsatz von Energie sollten rasch eingeführt werden. Diesbezüglich gibt es schon gut durchdachte Konzepte und technisch ausreichend ausgereifte Lösungen. Wenn das Volksbegehren also ein Energiekonzept fordert, das sich nicht mit steigendem Stromverbrauch abfindet, sondern auf eine Verringerung der Nachfrage abzielt, kann ich mich auch mit diesem Anliegen identifizieren.

Ich teile auch die Ansicht, daß

Umweltschutz eine der dringenden Aufgaben unserer Zeit ist: Bestehende Reservate müssen bewahrt und eine Verschlechterung der Situation verhindert werden. Es gilt auch, entstandenen Schaden zu sanieren. Das bedeutet sicher: Ablehnung der Atomenergie, Vermeidung massiver Eingriffe, Errichtung von Nationalparks, Schadstoffverringerung ...

Dennoch bereitet mir das Volksbegehren Unbehagen. Man merkt ihm an, daß da hastig wichtige Anliegen der Umweltschützer zusammengeworfen worden sind. Man wollte wohl die Gunst der Stunde nutzen, die wachsende Ablehnung des Kraftwerkbaus in Hainburg. Werden da nicht viele, in der Meinung etwas für die Rettung der Hainburger Au zu tun, ihre Unterschrift unter ein Energiekonzept setzen, mit dem sie sich noch gar nicht ernsthaft auseinandergesetzt haben?

Sicher bedarf wirksamer Umweltschutz politischer Maßnahmen und somit geeigneter Gesetze. Diese werden aber selbstverständlich finanzielle Belastungen für die Bevölkerung zur Folge haben. Vieles, besonders Energie wird teurer werden. Wir alle sollten sparsamer mit Energie umgehen. Wie viele Unterzeichner werden sich dessen bewußt sein?

So entsteht allzu sehr der Eindruck, eine Unterschrift unter einen Gesetzesantrag löst die Probleme. Tätsächlich muß sich aber unser aller Bewußtsein ändern.

Trotz kleiner Vorbehalte werde ich das Volksbegehren unterschreiben.

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