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Digital In Arbeit

Die Idee ist gut

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Lange schon träume ich vom gro- ßen Geld.

Mit dem Lotto funktioniert’s nicht, mit der bisherigen Arbeit schongar nicht, und Erbtantengibt’s keine.

Deshalb babe ich Marktforschung betrieben, und ich habe zwar keine Marktlücke entdeckt, aber den gro- ßen Trend unserer Zeit: die Demontage. Darunter ist leider nicht der Abbau unnötiger E-Werke und Schadstoffproduzierer zu verstehen, wohl aber jener ehemaliger Größen aus Kunst, Wissenschaft und Poli- tik. Wobei der bloße Abriß noch nicht die Kassa füllt, die publikumswirk- same Aufbereitung desselben jedoch schon.

Es ist also nicht damit getan, dutch mehr oder weniger seriöses Forschen darzulegen, daß Cäsar Schweißfüße hatte oder daß Einstein ein Vollidiot war. Vielmehr ist’s die Form, wie die Erkenntnis dem geschätzten Publi- kum dargeboten wird. So ist also das Heruntermachen Franz Schuberts mit dem Aufdecken seines kläglichen Charakters samt ekel- hafter Krankheiten ein wunderbar kontofüllendes Filmthema gewor- den. Mozart ist seit geraumer Zeit nie versiegende Geldzapfsäule, indem er, nur noch als Amadeus be- zeichnet, schuldenmachend, schwei- nigelnd und mordbedroht Roman-, Schlager- und Dramenstoffe nur so hervorsprudelt.

Der gute alte Kennedy, seinerzeit ein Idol, gibt’s auch schon billiger und bietet sich somit als Kassen- g magnet an: rauschgiftsüchtig, kor- z- rupt, lasterhaft, brutal. Churchill, g

Karl May, die alten Pharaonen,

Rembrandt, Doderer, Michelange- e lo, Richard Wagner sowiesoundwer E weiß.auchMarievonEbnerEschen- S bach: allesamt Miserabilitäten, gut fürs nächste Musical, wo jeder von k ihnen keulenschwingend, leicht bis el gar nicht bekleidet oder Halbwüch sige quälend den großen Auftritt hat. Wie ich höre, hat ja sogar der FranzXaverGruberdasStilleNacht I“ irgendwo gestohlen, es ist also nicht von ihm und grauslich-schöner geht’s ja nicht mehr, eine achtteilige Femsehserie ist da mindestens drin.

Bevor’s also aus der Mode kommt, werde ich, so denk’ ich mir, einen untadeligen Prominenten so richtig zerlegen. Und weil die Geschichts- kenntnisse der Konsumenten mit- unter nicht eben berauschend gut sind, sollte es einer der Heutigen sein, einer, den alle garantiert ken- nen.

Ich brauche also als Stoff für eine große Heruntermacher-Oper einen Unbescholtenen, eine Integra, aus unseren Tagen.

Die Idee ist gut, dariiber gibt es keinen Zweifel. Das entsetzlich Schwierige ist lediglich die Suche L nach dem Titelhelden. ‘V

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