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Die USA haben Interesse verloren

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Mittelamerika, das in den sechziger Jahren gute Wachstumsraten erzielte und als Vorbild für die Dritte Welt galt, geriet mit dem „Fußballkrieg" von 1969 in eine Spirale von Bürgerkrieg, sozialer Unrast und Revolution, aus der es sich bis heute nicht befreien konnte. Nach 15 verlorenen Jahren rückt heute aber das Thema Wiederaufbau endlich wieder in den Vordergrund.

Politisch dominieren gewählte konservative Regierungen mit neoliberalen Programmen. Militärisch spielen (mit Ausnahme von Kostarika und Panama, die heute ohne Armee sind) die Uniformträger eine Schiedsrichterrolle. Dies gilt für die antimarxistischen Kader der Region ebenso wie für die Sandinisten-Ar-mee in Nikaragua. Für die jeweiligen Zivilregierungen bedeutet dieses Schiedsrichtertum ein Korsett, das der nikaraguanische Jesuitenpater und Soziologe XavierGorostiaga als „low level-democracy" bezeichnet.

Immerhin ist es gelungen, die Bürgerkriegssituation unter Kontrolle zu bekommen. Kostarika hatte damit kein Problem. Panama, Honduras und Nikaragua sind befriedet. In Guatemala und El Salvador stehen die lokalen Guerilleros vor Amnestie- und Friedensabkommen mit den Regierungen.

Die große Schwäche der Region ist heute die soziale Situation des Großteils der Bevölkerung, der von den bürgerkriegsgeschwächten Nationalökonomien einfach nicht mehr betreut werden kann. So schwillt Mittelamerikas informeller Sektor noch immer an und hält derzeit bereits bei 40 Prozent. Das Pro-Kopf-Einkommen ist auf den Stand der früheasech-ziger Jahre zurückgefallen. Das Gewicht von Basisgruppen und neuen Volksbewegungen (außerhalb der traditionellen Bahnen und fem der bisherigen revolutionären Strukturen) nimmt zu und sorgt für ein kreatives Unsicherheitsmoment, mit dem die Politiker nicht zurechtkommen.

Allen Unkenrufen zum Trotz stellt Nikaragua den Fall, von dem die Region etwas lernen könnte. Die Regierung von Dona Violeta de Chamorro, die vor einem Jahr die Sandinisten abgelöst hat, steckt zwar bis zum Hals in Schwierigkeiten (vierstellige Inflation, keine Rückzahlung der Außenschulden), aber sie schaffte eine Art Sozialpakt mit den oppositionellen Sandinisten. So unorthodox diese Partnerschaft auch sein mag, strahlt sie über die Grenzen aus.

Hier liegt auch der Grund, warum in der Region Dona Violeta so viel Respekt gezollt wird.

Dies allein aber genügt nicht, um internationale Hilfsgelder abzurufen. Die USA haben - die Sandinisten sind ja abgewählt - das Interesse verloren, die Europäischen Gemeinschaften erfüllen nurdie bereits ausgehandelten Verpflichtungen, die Mittel der US-Entwicklungsbehörde Aid sind begrenzt. Mexiko will nicht mehr den großen Bruder spielen, sodaß es ein Maximum ist, wenn es gemeinsam mit Venezuela die Erdöl lieferungen in die Region einhält.

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