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Zweierlei Maß

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Die Sandinisten in Nicaragua feierten auch ein Revolutionsjubiläum• Zehn Jahre ist es her, daß der Diktator Somo- za durch eine Revolution gestürzt wurde.

Die Feiern in Managua wirkten gedämpft, und viel Grund zum Feiern haben die Machthaber tatsächlich nicht: Die Inflation galoppiert ziemlich unkontrolliert davon, die Kluft zwischen Preisen und Einkommen wird größer, die Armut wächst, die Wirtschaft liegt darnieder und die Sozialprogramme sind längst ins Stok- ken gekommen.

Die Sandinisten wissen, daß es auch Unfähigkeit in den eigenen Reihen gibt, aber die Hauptschuld an der tristen Situation des Landes messen sie den Amerikanern zu und dem Krieg, der ihnen mit der von den USA finanzierten Contra-Bewegung aufgezwungen wird.

Im nächsten Jahr gibt es Wahlen, die Sandinisten haben zwar Sympathien verloren, brauchen aber um ihre Macht nicht ernsthaft zu bangen. Der Prozeß einer gewissen Selbstkritik scheint eingesetzt zu haben: „Wir müssen unsere Arroganz zügeln“, sagte Innenminister Tornas Borge zu Beginn dieses Jahres einer österreichischen Delegation. Der letzte Überlebende der Gründer der sandinistischen Bewegung bekannte sich zu einer gemäßigteren Sprache. Borge sprach damals auch offen seine Hoffnung aus, daß Präsident Bush eine andere Position gegenüber Nicaragua einnehmen werde: „Reagan hat uns bisindenTod gehaßt. Ich glaube Bush haßt uns nicht mit dieser Leidenschaft, er dürfte Pragmatiker sein.“

Bisher haben sich diese Hoffnungen nicht erfüllt, aber es könnte dem Ansehen der amerikanischen Politik nicht schaden, wenn die Weltmacht gegenüber dem mittelamerikanischen Winzling etwas mehr Großmut zeigen würde. Im Fall China haben die USA wirtschaftliche Sanktionen mit dem Hinweis abgelehnt, daß diese nur das Volk treffen würden - in Nicaragua setzt man diese Waffe ziemlich bedenkenlos ein. Und auch in der Beurteilung dessen, was politische Repression ist, scheint im Fall Nicaragua mit zweierlei Maß gemessen zu werden: Die Ausweisung eines Bischofs weckt heftige Empörung in der Weltöffentlichkeit, wenn sich die Sandinisten zu einer solchen Maßnahme entschließen. Daß in El Salvador nach wie vor die Todeskommandos wüten, wird eher reaktionslos zur Kenntnis genommen. Und der Kandidat der AKENA-Partei, der bei den letzten Präsidentschaftswahlen gesiegt hatte, wird von den USA unterstützt. Die ARENA- Partei und ihr Gründer Roberto d’ Aubuisson werden immer wieder im Zusammenhang mit der Ermordung des Erzbischofs Romero genannt. Die Hintergründe dieses Todes sind bis heute ungeklärt.

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