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Ein Prototyp der neuen Redlichkeit

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Tagelang hielt Heide Schmidt Österreich in Atem. Sie hat es in der FPÖ unter Jörg Haider nicht mehr länger ausgehalten, mit „dieser” Partei gebrochen und das „Liberale Forum” gegründet. Daß entgegen der bisherigen Praxis die beiden Großparteien eine Neugründung nicht gleich - wie sonst üblich -ins Eck stellten und für paktunfähig erklärten, ist für die ,.Neuen” ein positives Signal.

Aber Heide Schmidt hat noch eine zweite gute Ausgangsposition. Sie hat die Chance, zum Prototyp eines neuen Politikertyps hochstilisiert zu werden: Nach wie vor ist ihre Sprache klar, es fallen keine ausfälligen, keine verletzenden Worte. Sie wirkt redlich und menschlich, ebenso ihre Weggefährten Friedhelm Frischenschlager oder Klara Motter. Wie ihr politisches Vorbild, Volksanwalt Gustav Zeillinger, erweckt auch sie den Eindruck einer Einheit von Gedachtem und Gesagtem.

Heide Schmidt hat in den letzten Tagen auch viel gesagt, viel reden müssen. Wir wissen jetzt alles über ihre Motive, ihren Lebensweg. Und ihre Karriere, die sie Jörg Haider verdankte.

Was sie politisch denkt, wissen wir allerdings noch nicht. Denn das „Liberale Forum” muß erst Farbe bekennen -auch programmatisch, wenn es Partei werden will. Wie wird es beispielsweise den Liberalismus” definieren? Geht es nur um eine marktorientierte Leistungssturheit oder um einen Sozialliberalismus? Wird in der neuen Partei der Geist des 19. Jahrhunderts wehen und sie „antiklerikal” bis „religionsfeindlich” machen? Oder wird man zur Kenntnis nehmen, daß auch die Kirche von heute ein anderes Verhältais zu Freiheit, Menschenrechten, Selbstverantwortung des Menschen hat als früher?

Die Kommunikation zwischen dem neuen, „nicht-populistischen Lager” und den Christen in Österreich wird zeigen, ob auch das katholische Lager einen liberalen Partner haben kann und welche politisch-geistigen Entwicklungen hier möglich sind.

Heute sind in der Politik Persönlichkeiten gefragt, nicht nur neue Parteien oder Gesichter; Persönlichkeiten, die für und nicht nur gegen etwas stehen.

Bis jetzt hat uns Heide Schmidt meist nur gesagt, wogegen sie ist: Sie ist gegen den Filz in der Großen Koalition, gegen das Sozialpartaerschaftskartell, gegen zu viel Staatseinfluß...

So ist es zwar auch nicht ganz unverständlich, daß das ,.Forum” schon bald über eine finanzielle Zusammenarbeit mit der Industriellenvereinigung gesprochen hat. Aber der Mensch lebt bekanntlich nicht nur vom Brot allein. Und neue Parteien nicht nur von Subventionen und Zuschüssen.

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