Freundschaftliche Warnungen erreichen mich, es bestehe gewissen Ortes die Absicht, meinen Besuch in Wien parteipolitischen Sonder-, zwecken dienstbar zu machen. Zwar sehe ich kaum, wie solch ein Plan — gesetzt, er existierte — irgend ausführbar wäre. Zweimal in Wien spreche ich unter den Auspizien des PEN-Clubs, einer betonter- und bekannterweise un-, über-, ja antipolitischen Organisation. Und in größerem Rahmen, sozusagen auf eigene Faust, mich ein drittes Mal hören zu lassen, habe ich erst zugestimmt, als eine erhebliche Anzahl von Interessenten im Mozartsaal keine Unterkunft hatte finden können. Um aber Mißverständnissen vorzubeugen, erkläre ich jedenfalls:
Ich komme nach Wien aus Anhänglichkeit und Treue für die schwergeprüfte, doch immer noch herrliche Stadt, mit der mich von jung auf eine im Seelischen eigentümlich gegründete Sympathie verband. Ich komme in der Hoffnung, den Wiener Freunden meiner künstlerischen Arbeit ein wenig Freude zu bereiten. Für zwei meiner Abende sind denn auch rein literarische Pro-
gramme vorgesehen — ich lese Neues aus dem Roman „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“. Und wenn der Vortrag, den zu allererst der PEN-Club mich zu halten bat, und der denn auch im Mozartsaal stattfinden wird, gelegentlich Themen anklingen läßt, einem Heute entnommen, in dem es ganz ohne „Politik“ im weitesten Sinne nun einmal nicht abgeht, so darf ich im voraus daran erinnern, daß weder in London noch in Salzburg, Zürich, Bern oder München — Städten, wo ich, persönlich, oder durch das Medium des Rundfunks, dies Stückchen Gedankenprosa bereits zu Gehör gebracht — solche Anklänge mißdeutet worden sind. — Wer, wie ich — als Mensch nämlich, als Erdenbürger und nicht als Politiker — zu seinen Mitmenschen spricht, muß frei sein, Menschheitsdinge bei Namen zu nennen, ohne sich dem unsinnigen Vorwurf auszusetzen, es sei besonders ein Teil der Menschheit — und überdies ein ihm zugestandenermaßen von Geburt, Erziehung und Tradition wegen besonders fremder, der ihm dabei am Herzen liege.
