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Voreilig und unbedacht

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Es ging durch die Medien: Da seien gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften gesegnet worden ... Damit wir uns richtig verstehen: es geht nicht darum, homosexuelle gegen heterosexuelle Beziehungen auszuspielen, sie zu werten und den moralischen Zeigefinger zu erheben. Es geht auch nicht darum, die Absicht zweier Menschen für eine dauerhafte Lebensgemeinschaft in Frage zu stellen oder sie zu beurteilen. Aber es geht darum, notwendige Unterscheidungen zu treffen: Zwischen dem, was unsere Kultur, unsere Gesellschaft, auch unsere religiöse Tradition (übrigens nicht nur die christliche) mit „Ehe" bezeichnet, was im zivilen wie im religiösen Bereich mit unverwechselbaren Zeichen und Symbolen verbunden ist (wie dem Jawort oder dem Austausch von Ringen), für das wir als kulturgeschichtliches Erbe bestimmte Zielsetzungen übernommen haben (zum Beispiel die Weitergabe des Lebens im Austausch von Liebe...) einerseits, und anderen gemeinsamen Lebensformen zwischen zwei Menschen andererseits.

Jede Vermengung von so Verschiedenem ist unredlich. Niemand kann es verübeln, wenn Menschen Segen erbitten, damit er ihnen in geeigneter Weise, das heißt auch in passender Form gewährt werde. Dabei aber in liturgischen Zeichen und in mißverständlicher Sprache den Sachverhalt „Ehe" anklingen zu lassen, entbehrt der notwendigen Verantwortung, die mehr berücksichtigen muß als nur den Augenblick.

Die Entscheidung betroffener Menschen ist nicht jedermanns und jederfrau Sache. Sie sind auch nicht berufen, darüber zu richten. Sehr wohl ist es aber Sache der Gesellschaft, auch der Religionsgemeinschaften, was ihnen wichtig ist, klar zu umschreiben und keine fälschliche Verflachung und Vermengung zuzulassen, auch zu überdenken, für wen und wofür sie ihren Segen spenden. Für Neues müssen dann neue Zeichen, neue Formen und eine neue Sprache gefunden werden. Das geschieht nicht plötzlich, es braucht gegenseitiges Verstehen und eine einfühlende Entwicklung. Nur darum geht es zunächst. Wer anders handelt, stellt sein Ziel vor den dafür notwendigen Weg, daher: Was er tut, ist voreilig und unbedacht geschehen.

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