Vorarlberg beschäftigt in Österreich prozentuell am meisten Gastarbeiter. Die Jugoslawen, Slowenen und Kroaten sind meistens katholische Christen, während die Türken Moslems sind. Die große Zahl katholischer Gastarbeiter veranlaßte die Diözesanleitung schon vor Jahren, für die Seelsorge der Slowenen und Kroaten jugoslawische Seelsorger zu gewinnen.
Derzeit sind zwei Priester aus Jugoslawien als Gastarbeiter-Seelsorger von der Diözese angestellt: einer für die Slowenen und einer für die Kroaten. Von den 9500 Jugoslawen sind etwa ein Drittel Slowenen und zwei Drittel Kroaten. Die Diözese Feldkirch hat schon vor längerer Zeit ein Gastarbeiter-Referat im Seelsorgeamt eingerichtet, das für mitmenschliche und karitative Dienste unabhängig von der Konfession der Gastarbeiter zur Verfügung steht.
In der weiteren Entwicklung der Gastarbeiterseelsorge wurde 1974 durch den Diözesanbischof eine Personalpfarre für katholische jugoslawische Gastarbeiter errichtet, angeregt durch die römische Instruktion „de Pastorali Migratorum cura“ aus dem Jahre 1969 und durch dringende Wünsche der Seelsorger, die mit den fremden Namen in den Matriken. besondere Schwierigkeiten hatten. Durch bischöfliches Dekret ist der slowenische Gastarbeiter-Seelsorger Personalpfarrer für alle katholischen slowenischen Gastarbeiter und der kroatische Gastarbeiterseelsorger für alle katholischen kroatischen Gastarbeiter. Bei verschiedensprachigen Ehepartnern ist es den Partnern freigestellt, zu welchem Gastarbeiter-Seelsorger sie gehen wollen.
Unberührt davon bleibt die Jurisdiktion des Ortspfarrers, so daß jeder fremdsprachige Gastarbeiter das Recht hat, zum Personalpfarrer seiner Muttersprache oder zum Ortspfarrer seines Wohnsitzes zu gehen. 1974 wurde auch im bischöflichen Ordinariat für die Gastarbeiter-Personalpfarre eine kirchliche Matrikenstelle mit Taufund Ehematriken. errichtet. In diese Matrikenbücher werden alle von den jugoslawischen Personalpfarren durchgeführten Taufen und Trauungen eingetragen, die dann außer den Sterbefällen nicht mehr in die örtlichen Matrikenbücher eingetragen werden müssen.
Die Errichtungder Personalpfarrebe- deutet eine Erleichterung für die Gastarbeiter, für die Gastarbeiter-Seelsorger, die nicht mehr an den verschiedenen Orten Ehedelegationen einholen müssen und für die Ortspfarrer, denen ein Teil der fremdsprachigen Matriken- führung abgenommen wurde.
In Zagreb ist eine zentrale Matrikenstelle für alle kroatischen Gastarbeiter in Europa, in Ljubljana eine solche für alle slowenischen Gastarbeiter. An diese Zentralstellen melden die hiesigen Gastarbeiter-Matrikenstellen alle Eintragungen, so daß jeder Matrikenfall doppelt eingetragen ist, was bei der Fluktuation der Gastarbeiter mehr Sicherheit der Eintragung der Matriken- fälle verbürgt.
Die Gastarbeiter-Seelsorger halten an jedem Wochenende durchschnittlich vier Gottesdienste an verschiedenen Orten. Gewöhnlich betreut jeder Seelsorger acht bis zehn Stationen an den Orten, wo eine größere Zahl von Gast
arbeitern wohnt. Die Gottesdienste werden meistens in Unterkirchen oder größeren Kapellen gehalten, ebenso die Taufen und Trauungen. Zum Gottesdienst kommen Familienbesuche bei den Gastarbeiterfamilien; so knüpfte der kroatische Seelsorger an den auch in Kroatien üblichen Brauch an, die Häuser um Dreikönig zu segnen, und besuchte die meisten Familien.
Die Zahl der Gottesdienstbesucher schwankt bei den Slowenen zwischen 30 und 50. Die kleine Gruppe ermöglicht es, die Leute auch persönlich kennenzulernen. Eine größere Zahl kommt gewöhnlich zum gemeinsamen Gottesdienst am Gastarbeitersonntag, zu dem schon mehrmals Bischöfe aus Jugoslawien gekommen sind, um den Gottesdienst zu halten und ihre Landsleute zu besuchen. So waren schon an einem Gastarbeitersonntag Weihbischof Le- nic von Laibach und Weihbischof Go- gic von Zagreb hier.
Sehr beliebt sind auch die gemeinsamen Wallfahrten der Gastarbeiter zu
einem Wallfahrtsort hier im Land wie Rankweil oder Maria Bildstein oder auch Einsiedeln in der Schweiz. Seit einiger Zeit organisiert das Gastarbeiter- Referat Gottesdienste am Heiligen Abend mit anschließender Weihnachtsfeier, besonders für jene Gastarbeiter, die keinen Familienanschluß ' haben. Für viele katholische Gastarbeiter ist der Glaube in der Fremde noch wichtiger, er gibt ihnen einen Halt in der Fremde.
Im Gastarbeiter-Referat steht halbtägig ein Laie als Dolmetscher zur Verfügung, der auch die Fünf-Minuten- Sendung für jugoslawische Gastarbeiter (dreimal in der Woche in Österreich-Regional) vorbereitet. Für die Gastarbeiterkinder wurden Lernhilfen organisiert, damit die Kinder dem Deutsch-Unterricht in der Schule leichter folgen können. Rund 40 Frauen betreuen mit ihren Helfern derzeit an die 200 Gastarbeiterkinder im Rahmen dieser Lernhilfe-Aktion.
1979/80 besuchten in Vorarlberg 1430 jugoslawische und 1096 türkische Kinder die Pflichtschule. Manche Gastarbeiterfamilien, die schon länger hier sind, wo die Kinder bereits hier geboren wurden und aufwachsen, bleiben und suchen um die Staatsbürgerschaft an. So wurden 1979 88 Jugoslawen eingebürgert; Familien, die über zehn Jahre schon hier sind. Es ist natürlich, daß Kinder, die hier geboren wurden und aufwachsen, sich hier mehr heimisch fühlen als im Heimatland ihrer Eltern.
Ohne die Gastarbeiter würde die Wirtschaft Vorarlbergs in große Schwierigkeiten kommen, andererseits haben die Gastarbeiter im Gastland Arbeit und Brot gefunden. So ist es ein gegenseitiges Geben und Nehmen, das Achtung und Verständnis von beiden Seiten verlangt. Im übrigen muß man es auch pastoral begrüßen, daß eine gewisse Zahl von Gastarbeitern als Maximum für Vorarlberg festgelegt wurde; 18 Prozent aller unselbständig Erwerbstätigen sind Gastarbeiter. Mehr kann ein Land und Volk, wenn es seine Identität, sein Gesicht und seine kulturelle Eigenart erhalten will, auf einmal nicht leicht assimilieren und menschlich und sozial integrieren.
Der Autor ist Generalvikar in der Diözese Feldkirch ,