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In Polen wird nur herumgedoktert

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Polens Schicksal steht unter keinem guten Stern. Was unter einem gemeinsamen Feind gerade noch übertüncht werden konnte, ist seit geraumer Zeit offenkundig. Die Gesellschaft des fast 40 Millionen Einwohner zählenden Staates ist heillos zerstritten, nirgendwo ist ein integrierender Faktor oder eine integrative, Persönlichkeit auszumachen.

Staatspräsident Lech Walesa, der diese Rolle gerne spielen möchte, ist selbst zum Zeichen der Zerrissenheit geworden. Seit dem Ende des kommunistischen Regimes 1989 steht nun schon der vierte Mann an der Spitze einer Koalitionsregierung: mit dem 32jährigen Waldemar Pawlak von der Bauernpartei (PSL) regiert erstmals ein Politiker, der nicht aus der Gewerkschaft „Solidarnosc" stammt.

Von Tadeusz Mazowiecki hat man seinerzeit einen Hoffnungsschub erwartet, die langfristige Hoffnung war für die ungeduldigen Polen aber nichts. Jan Krzysztof Bielecki versuchte sich an wirtschaftlichen Reformen, ihm kamen die Wahlen dazwischen. Jan Olszewski dokterte seit sechs Monaten hemmungs-, aber auch erfolglos an einem Sanierungsprogramm herum. Er setzte zu sehr auf die Polit-Intrige.

Sind die Polen zu starke Individualisten, als daß sie sich diszipliniert eine Zeitlang einem straff gelenkten wirtschaftlichen Sanierungsprogramm unterwerfen könnten? Egoismus und kurzfristiger persönlicher wirtschaftlicher Erfolg dominieren die Gesellschaft. Selbst die Kirche - seinerzeit Ort des nationalen Konsenses - mußte ihre führende Rolle längst aufgeben.

Nun - es gibt zwar einen neuen Premier, ob er die auseinanderstrebenden Kräfte in einem 29-Parteien-Sejm im wichtigsten Staatsziel, der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Stabilisierung, einigen kann, steht in den Sternen. Und die stehen für Polen nicht günstig.

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