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Israel braucht die Christen

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Seit die Regierung Begin Jerusalem zur,,ewigen und unteilbaren Hauptstadt" Israels proklamiert hat, haben die Spannungen zwischen Staat und Kirchen zugenommen. Papst Johannes Paul II. hat in zahlreichen Unterredungen neuerlich versucht, den Gedanken einer Internationalisierung Jerusalems voranzutreiben.

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Seit die Regierung Begin Jerusalem zur,,ewigen und unteilbaren Hauptstadt" Israels proklamiert hat, haben die Spannungen zwischen Staat und Kirchen zugenommen. Papst Johannes Paul II. hat in zahlreichen Unterredungen neuerlich versucht, den Gedanken einer Internationalisierung Jerusalems voranzutreiben.

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„Das Recht der Anwesenheit der Kirche (im Heiligen Land) ist mit Märtyrerblut erkauft, auch in neuester Zeit." Der griechisch-orthodoxe Patriarch von Jerusalem, von allen christlichen Kirchen als örtliches Ehrenoberhaupt anerkannt, konfrontierte Israels Staatspräsident Izhak Navon jüngst bei einem Empfang mit dieser Feststellung. Er bezog sich konkret auf einen merkwürdigen gewaltsamen Todesfall eines Priesters seiner Kirche.

Israels Premier Begin sah sich veranlaßt, „Fälle von Vandalismus. die Kircheneigentum betreffen", zu verurteilen. Der Staat werde „sein Bestes tun", um weitere „kriminelle Akte" zu verhindern. Kirchenmänner in Israel monieren die Langsamkeit der polizeilichen Untersuchungen nach Anschlägen auf christliche Institutionen und die geringen Strafen: zum Unterschied zur Effizienz bei Anschlägen der palästinensischen Terroristen und ihrer drakonischen Bestrafung.

Doch die christliche Minderheit in Jerusalem, deren Prozentsatz ständig zurückgeht, fühlt sich von Israel nicht nur hinsichtlich der Strafverfolgung von anti-christlichen Ubergriffen ungerecht behandelt. Die Regierung beispielsweise wollte „Lizenzgebühren" für christliche Herbergen einführen. Beauftragte des städtischen Gesundheitswesens suchten die entsprechenden Häuser auf und wollten mit Strafbefehlen die Zahlung von Lizenzen erzwingen. Bürgermeister Teddy Kollek begründete den Vorgang mit der Notwendigkeit gebührenpflichtiger Inspektionen durch die Feuerwehr und die Beamten des Gesundheitswesens.

Die gemeinsame Antwort der Betroffenen: Inspektionen sind jederzeit gern willkommen, doch der Zusammenhang mit der Notwendigkeit einer Lizenz sei nicht einleuchtend.

Der christlichen Gemeinschaft in Jerusalem geht es nicht um Privilegien, sondern um angestammte Rechte. Jahrhunderte vor der Ausrufung des Staates Israel wurden an den heiligen Stätten Pilgerhäuser errichtet. Sie sind im Prinzip so alt wie das Christentum selbst. Im Mittelalter entstanden eigene Orden zur Betreuung der Pilger.'

Wenn öffentliche Verwaltungen, durch das Hoteliergewerbe gedrängt, dagegen angehen, rechtfertigen sie die Eingriffe mit der Abschaffung vermeintlicher Privilegien. Sie verkennen, daß es auch heute zahlreiche Pilger gibt, die nicht in einem Hotel mit mehr oder weniger vielen Sternen absteigen können; denen eine Pilgerfahrt zu heiligen Stätten, oft der Traum eines ganzen Lebens, eben nur durch die Steuervergünstigung christlicher Hospize möglich gemacht wird.

In Israel ist Staatsreligion das Judentum, die Rabbis sind staatlich besoldet. Christliche oder islamische Lizenzgebühren dienen also letztlich auch der Besoldung jüdischer Religionsdiener.

Israels Regierung hält solchen Einwänden entgegen, sie gebe ungeheure Summen für die Erhaltung heiliger Stätten aus. Dafür bringen aber die Pilger und Touristen auch große Summen Devisen ins Land.

Die Regierung verlangt, daß die Angestellten exempter Pilgerhäuser bei der nationalen Versicherung angemeldet werden, und verschweigt, daß ein Viertel dieser Versicherungsbeiträge für das Militär abgezweigt wird . . .

Israel braucht die Christen - nicht nur, weil sie ein Drittel der Menschheit repräsentieren.

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