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Krank, hilflos - und Bittsteller

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Nicht selten fühlt sich der Pa- tient im Wartezimmer des Arztes, im Spitalsbett oder auch als Fra- gender bei „seiner" Krankenkasse als Bittsteller. Zur Krankheit ge- selltsichoft eine „stilleOhnmacht". Und wer „aufmuckt", läuft Gefahr, sich als „Querulant" mehr Nach- ais Vorteile einzuhandeln.

Nein, rechtlos ist der Patient nicht. Aber seine Rechte sind re- lativ gut in den verschiedendsten Rechtsmaterien unseres Gesund- heitswesens „versteckt". Das be- ginnt beim Arzterecht und reicht bis Krankenanstaltengesetz.

Von einem Tag auf den anderen kann jemand als Patient „ausge- schieden" und als Pflegefall abge- stempelt werden. Muß das hinge- nommen werden? Wie kann man zu seinem Recht auf medizinische Behandlung, die den praktizierten Standards entspricht, kommen? Und darf ein Patient abgewimmelt werden, wenn er sich einer Behand- lung nach den Methoden der Alter- nativmedizin unterziehen möchte?

Eine gutgemeinte Broschüre des Gesundheitsministeriums über die Rechte des Patienten (FURCHE 28/ 1990) springt da nur auf einen fah- renden Zug auf: In der kommenden Legislaturperiode wird es - mehr darüber demnächst in der FUR- CHE - zu einer Kodifikation der Patientenrechte kommen.

Gesponsert vom Verband der Versicherungsunternehmen Öster- reichs hat das in Salzburg an- gesiedelte Institut für Rechtspolitik unter Leitung von Johannes W. Pichler dafür die Grundlagen erar- beitet, eine Forschungsarbeit, die auch internationale Trends in die Diskussion einbringt. Und Öster- reich hinkt da in der Entwicklung Nordamerika und den skandi- navischen Staaten nach.

Haftungsfragen - auch in Öster- reich gibt es jährlich an die 300 Kunstfehlerprozesse, von denen rund zehn mit Schuldspruch des Arztes oder des Spitals enden -

stehen dabei gar nicht im Vor- dergrund. Aber wie verträgt sich das Recht auf gleichen Zugang zu Behandlung und Pflege mit War- teschlangen, in denen Patienten - wie es der Wiener Primär Helmuth Denk kürzlich in Alpbach formu- liert hat - „auf den Wartelisten" sterben?

Wie steht es um das Recht auf Information? Da das Gemauschel am Spitalsbett mit vielsagenden Blicken, dort das Wissen, daß dem Patienten „die ganze Wahrheit" nicht zugemutet werden kann? Wer darf in die Krankengeschichte Einblick nehmen? Belgien, Frank- reich und Luxemburg haben den Krankenbericht kurzerhand zum Eigentum des Patienten erklärt.

Und wer soll die Rechte eines Patienten vertreten? Ein Ombuds- mann als Klagemauer, aber ohne Sanktionsmöglichkeiten, ein Pa- tientenrat als Beschwerde- und Serviceeinrichtung oder ein Pa- tientenanwalt, der über Vermitt- lung hinaus auch zu rechtlichen Schritten berechtigt ist?

Weltweit sorgt auch das Thema der Arzthaftung für Konflikte. Ist eine obligatorische Patienten-Scha- denersatzversicherung, die sich am Schaden, nicht am Verschulden orientiert, die Lösung? Keine Lö- sung ist jedenfalls, wenn - wie gel- tendes Recht - vom geschädigten Patienten auch noch der Nachweis verlangt wird, „wer, wo, warum, wann einen Fehler gemacht hat. Der Weg zum Gericht, um zu Recht und Geld zu kommen, scheitert oft an den Erfordernissen des Verschul- densprinzips im Schadensrecht" (Pichler).

Eigentlich sollte der Weg zum Gericht nur der allerletzte Ausweg sein: darum geht es bei den Patien- tenreehten.

EINFÜHRUNG IN DIE PATIENTENRECH- TE. Johannes W. Pichler (Hrsg.). Band 3 der Schriftenreihe zur Rechtspolitik des Österreichi- schen Instituts für Rechtspolitik. Verlag Bühlau, Wien 1990.104 Seiten, geb., öS 380,-

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