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Isolierter Vatikan?

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Mit seiner starren Ablehnung jedes Wortes, das man als Akzeptieren von Abtreibungen verstehen könnte, fand der Vatikan in Kairo wenige Freunde. Bis zuletzt war offen, ob er das Schlußdokument der UN- Weltbevölkerungskonferenz in Kairo unterschreiben werde und wie isoliert er damit bliebe. Doch für Delegationsleiter Erzbischof Renato Martino hat Rom einen großen Erfolg“ errungen und ist „keineswegs isoliert“ dagestanden. Man habe durchgesetzt, daß „Abtreibung niemals als ein Mittel der Bevölkerungskontrolle gefördert werden darf“.

In Österreich merkte ein Mann wie Peter Michael Lingens im „Standard“ kritisch an, die katholische Kirche könne „ihre Position zur Abtreibung erst revidieren, wenn sie die Gleichung Fötus — Mensch aufgibt“. Da dies der heutige Papst sicher nicht tue, da er zudem in der Frage der Empfängnisverhütung festgefahren sei und zur Gleichberechtigung der Frau (was auch ungehinderten Zugang zu Bildung und Beruf einschließen würde) nur Lippenbekenntnisse abgebe, sei auf der Konferenz jeder ehrliche Kompromiß „gleich dreifach ausgeschlossen“: „Die katholische Kirche müßte sich von Grund auf ändern, um einen zielführenden Beitrag zur Lösung des Bevölkerungsproblems zu leisten.“ Abgesehen davon, daß sich der

Einfluß des Papstes auf das Verhalten der Menschen, auch der Katholiken, in engen Grenzen hält, ist zu den drei Vorwürfen von Lingens zu sagen: Ein Aufholbedarf der katholischen Kirche in der Frauenfrage ist unbestritten (selbst wenn andere noch rückständiger sind). Ebenso unbestritten ist aber auch unter Katholiken, daß Verhütung stets besser als Abtreibung ist — das hat gerade erst der katholische Bischof Richard Weberberger von Barrei- ras (Brasilien) in Wien betont.

Um allerdings Abtreibungen zu erlauben - in der Sprache von Lingens: die Gleichung Fötus — Mensch aufzugeben -, müßte sich die katholische Kirche tatsächlich „von Grund auf ändern“. Daß in der Frage der Abtreibung eine solche Änderung „nicht in Sicht“ ist, - mögen Leute wie Lingens bedauern, es ist aber die schlichte Konsequenz daraus, wenn man sich dem Schutz des Lebens ab der Empfängnis verpflichtet fühlt.

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