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Mit 2.000 Schilling ein Leben retten

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Indien, nach China das bevölkerungsreichste Land der Welt mit mehr Einwohnern als ganz Amerika oder Afrika: Noch immer leben in diesem Land 300 von 850 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze. Indien, zehntgrößte Industrienation der Welt, ist zugleich ihr Armenhaus.

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Indien, nach China das bevölkerungsreichste Land der Welt mit mehr Einwohnern als ganz Amerika oder Afrika: Noch immer leben in diesem Land 300 von 850 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze. Indien, zehntgrößte Industrienation der Welt, ist zugleich ihr Armenhaus.

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Armut und Krankheit - auch in Indien gehört das zusammen. Von den 300 Millionen Armen sind 160 Millionen unterernährt. Zehn Millionen leiden an Tuberkulose, acht Millionen an Lepra. Eine Nachricht, die keine Schlagzeilen machte: Im November 1992 protestierten in Neu Delhi 1.500 Leprakranke gegen einen Plan der indischen Regierung, Bettelei künftig unter Strafe zu stellen.

Unter den Kritikern fand sich auch Mutter Teresa, die meinte: „Bettler sollten nicht ins Gefängnis kommen, weil sie arm sind. Sie sind unsere Brüder und Schwestern.”

Seit 1980 arbeiten Mitglieder des Krankenpflegeordens der. Kamillianer in Indien. Zentrum ihrer Arbeit wurde Bangalore im südindischen Bundesstaat Kamätaka. Bangalore gilt als das „Silicon Valley” Indiens.

P. Ernesto Nidini, verantwortlicher Ordensoberer in Bangalore: „Der Orden wird in Indien nur wachsen im Dienst an den Ärmsten: an den Leprakranken, den Unterernährten, den obdachlosen und alten Menschen...”

Nahezu die Hälfte aller Leprakranken der Welt lebt in Indien. Obwohl Lepra mit Hilfe moderner Therapiemethoden längst heilbar ist und bei rechtzeitiger Erkennung auch zu keinen Verunstaltungen mehr führen muß, werden in Indien Leprakranke noch immer aus der Gesellschaft ausgestoßen. Mit jedem Finger, jeder Zehe, die sie verlieren, verringert sich die Hoffnung, jemals wieder von der Familie aufgenommen zu werden.

Die Ursache für die weite Verbreitung der Lepra liegt vor allem in den Lebensverhältnissen in den Slums und Elendsvierteln der indischen Großstädte. Die Lepra ist eine Krankheit der Armut. Die Armen sind ihre Opfer.

Faktoren, die die Lepra begünstigen: mangelnde Hygiene, vor allem kein sauberes Trinkwasser, Hunger und Unterernährung. Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Lepra unterscheiden. In 80 Prozent der Fälle handelt es sich um die tuberkuloide, nicht ansteckende Form.s nur bei 20 Prozent um die ansteckende.

Leicht zu behandeln

Es kann drei, aber auch 30 Jahre bis zum Ausbruch der Krankheit dauern. Die Heilung mit modernen Medikamenten, unter anderem der Kombinationstherapie mit Rifampicin und Clo-fazimin, dauert je nach Schwere der Erkrankung zwischen sechs Monaten bis zu zwei Jahren. Auf 15 bis 20 Millionen schätzt man weltweit die Zahl der Leprakranken, und trotz der guten Heilungschancen wird diese Zahl in naher Zukunft kaum sinken -solange die Armen unserer Welt immer ärmer werden und die Verelendung der Menschen in den Slums der Dritten Welt weiter zunimmt.

Für die Kamillianer ist dieses verheerende Wachstum der Lepra eine ständige Herausforderung. Mit viel Mühe haben sie am Stadtrand von Bangalore ein vier Hektar großes Grundstück erworben. Ihr Programm gegen die Lepra:

□ Errichtung eines Leprazentrums, in dem Leprakranke alle menschliche und medizinische Hilfe erhalten. Hier bekommen sie auch die notwendigen Medikamente, Heilmittel, Prothesen... Kostenlos oder für nur wenig Geld. Je nach Schwere der Erkrankung kostet die Heilbehandlung eines Leprakranken bis zu 2.000 Schilling.

□ Hilfen zur Resozialisierung der Leprakranken durch besondere Ausbildungsprogramme, Hilfe bei der Wohnraumbeschaffung und Unterstützung bei kleinen landwirtschaftlichen und handwerklichen Projekten.

Gefängnis für Bettierund Arme mag die einfachste Antwort auf das Elend der Bettelei in Indien sein. Eine christliche Antwort versuchen die Kamillianer mit dem neuen Leprazentrum in Bangalore zu geben. Und sie bitten dafür um Unterstützung.

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