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Im Kampf gegen Aids und Lepra

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Hohe Berge und undurchdringlicher Urwald bilden die Nordgrenze Thailands. Dieses Grenzgebiet von Burma, Laos und Thailand ist das berüchtigte goldene Dreieck, das Zentrum der Drogenproduktion. 3.000 Tonnen Opium wachsen hier pro Jahr auf den Mohnfeldern, Stoff für 300 Tonnen reines Heroin. Doch ist im goldenen Dreieck nicht alles golden. Drogen, Prostitution und Gewalt bestimmen das Leben, und aufgerieben werden dabei die verschiedenen Bergvölker, die in diesem unwegsamen Gelände schon vor hundert und mehr Jahren Zuflucht fanden.

Nach Angaben des thailändischen Gesundheitsministeriums sind mindestens 15 Prozent der rund eine Million zählenden Einwohner der Nordprovinz Chiang Mai mit Aids infiziert. Aus dieser Provinz stammen zahlreiche Frauen und Mädchen, die in den Bordellen Bangkoks arbeiten. Und ein hoher Prozentsatz der armen Bergbevölkerung ist mit Lepra infiziert. Genaue Zahlen gibt es nicht. In ganz Thailand rechnet man jedoch noch immer mit 100.000 Leprakranken.

1869 entdeckte der Norweger Gerhard Hansen den Leprabazillus. Damit wurde eine systematische Bekämpfung dieser furchtbaren, den Menschen verstümmelnden Krankheit erst möglich. 1941 fand man das zunächst hochwirksame Sulfon-präparat DDS, doch sind viele Formen der Lepra inzwischen gegen DDS resistent. Den bisher größten Fortschritt im Kampf gegen die Lepra brachte in den achtziger Jahren die neue Kombinationstherapie.

Hier besteht die Behandlung in der Kombination dreier Medikamente, die die Leprabazillen zuverlässig abtöten und nicht zu Resi Stenzbildungen führen. Lepra ist nun wirklich heilbar geworden; sechs Monate bis zwei Jahre dauert die Behandlung. Entscheidend ist der rechtzeitige Therapiebeginn. Erste Anzeichen des „Aussatzes” sind Flecken, Pigmentstörungen und Knoten in der Haut.

Lepra ist eine Krankheit der Armut. Hunger, Unterernährung und unsauberes Trinkwasser fördern ihre Ausbreitung, vor allem in den Slums der Millionenstädte in der Dritten Welt Am stärksten grassiert die Lepra, deren Opfer schon in biblischen Zeiten als „Aussätzige” gebrandmarkt wurden, in Indien, Thailand, Brasilien und in Nigeria.

Weltweit schätzt man die Zahl der Leprakranken auf zwölf bis 15

In Cha Pa Whai, im Goldenen Dreieck, kämpfen die Kamillianer, ein Krankenpflegeorden, seit fiinf Jahren erfolgreich gegen Lepra.

Millionen. 600.000 Neuinfektionen kommen jährlich hinzu. Doch ist die Dunkelziffer sehr hoch.

Cha Pa Whai ist ein kleines Lepradorf in Nordthailand, tausend Kilometer von Bangkok entfernt, mitten im. goldenen Dreieck. Vor fünf Jahren haben Angehörige des Krankenpflegeordens der Kamillianer die Betreuung des Dorfes übernommen. Die Kamillianer stehen im Kampf gegen die Lepra seit langem an vorderster Front In Thailand arbeiten sie seit fast 30 Jahren in dem bekannten Lepradorf Khokwat. Verantwortlich für die Arbeit in Cha Pa Whai ist der 52jährige Kamillianer -bruder Gianni Dalla Rizza.

Als die Kamillianer nach Cha Pa Whai kamen, bestand das Dorf aus 39 Familien. Heute sind es bereits 68 Familien, die den verschiedensten Bergstämmen und Glaubensrichtungen angehören. Ihren Lebensunterhalt bestreiten sie hauptsächlich durch den Anbau von Reis.

Das Dorf hat mit der Arbeit der Kamillianer eine große Anziehungskraft gewonnen. Dabei nimmt die Zahl der Neuerkrankungen an Lepra ständig ab. Die Früherkennung führt dazu, daß die Patienten in relativ kurzer Zeit vollständig geheilt werden. Einmal im Monat werden auch die Kinder genau untersucht. Neu auftretende Leprafälle können dadurch sofort behandelt werden.

Sorgen macht Bruder Gianni bei allem Erfolg seiner Arbeit die laufende Finanzierung der recht teuren Lepramedikamente. Je nach Schwere der Erkrankung kann die Behandlung pro Jahr bis zu 2.000 Schilling kosten. Auch Verbandmaterial, Geh-Hilfen und Prothesen kosten Geld. Da die Kranken kaum über eigenes Geld verfügen, kann ihr Beitrag auch nur symbolisch sein.

Das ist etwas, was Bruder Gianni besonders erschüttert hat! In allen Berichten über die Arbeit mit den Leprakranken in Nordthailand hörte er immer von Lepra und „anderen Formen der Lepraerkrankung”. Tatsächlich sind diese „anderen Formen” schlimmer als die Lepra selbst. Sie sind anzutreffen beim „Stamm der Drogensüchtigen”. So muß sich der Kampf gegen die Lepra hier zwangsläufig mit dem Kampf gegen die Drogensucht verbinden, die vor allem die Kinder der Leprakranken akut gefährdet

Mit Hilfe des Ordens ist es Bruder Gianni gelungen, in einem ersten Schritt ein Zentrum für diese gefährdeten Kinder einzurichten. 51 Kinder leben hier zur Zeit, bis März dieses Jahres sollen es 75 sein. Verwaltet und geleitet wird das Zentrum von den gesunden Kindern aus den Familien der Leprosen. Die Dorfbewohner sollen bewußt in Verantwortung genommen werden.

Die Kamillianer versuchen in diesem Zentrum, den jungen Menschen eine Basisausbildung zu vermitteln, damit sie später die reguläre Schule besuchen können. Dazu gehört unter anderem auch das Erlernen der siamesischen Sprache - die Bergstämme sprechen nur ihre eigenen Dialekte. Mit den Angeboten sollen die Kinder bessere Entfaltungsmöglichkeiten haben, denn viele von innen, Mädchen wie Buben, geraten sonst

Als Ergänzung hierzu wird der Bau einer eigenen Schule immer dringender. Das Lepradorf hat von Anfang an Patienten und ihre Familien aus Thailand, Burma und Laos aufgenommen. Wer keine thailändische Staatsbürgerschaft hat, kann keine Schule besuchen und findet folglich auch keine Arbeit. Schon jetzt erhalten die Kinder an öffentlichen Schulen zum Schulbeginn von den Kamillianem eine Beihilfe für die Einschreibgebühr sowie für die Schulkleidung und das Unterrichtsmaterial. Doch nur in einer eigenen Schule wird es möglich sein, die Kinder auch vor der „anderen Form der Lepra” nachhaltig zu schützen.

Das größte Problem ist die Arbeitslosigkeit der Angehörigen und der Kinder der Leprakranken. Deshalb ist Bruder Gianni dabei, im Lepradorf Cha Pa Whai eine eigene Hühner- und Fischzucht aufzubauen. Vielleicht ist durch den Verkauf aus der Viehzucht eine Entfaltung des wirtschaftlichen Sektors möglich.

In jedem Fall sollen aber auf diese Weise die Kosten für den Unterhalt der Kinder aus dem gefährdeten „Stamm der Drogenabhängigen” gedeckt werden. Zu bedenken ist, daß durch diese Aufgabe die jungen Leute in ihrem eigenen Lebensbereich beschäftigt werden und von der risikoreichen Arbeitssuche in der Stadt verschont bleiben.

Iepra gilt als uralte Geißel der Menschheit. Dank modemer Medikamente ist sie längst heilbar. Heute muß sich der Kampf gegen die Lepra mit einer alle Lebensbereiche des Menschen umfassenden Sozialarbeit verbinden - wie es die Kamillianer im Lepradorf Cha Pa Whai versuchen. Der Weltlepratag erinnert an das durchaus nicht hoffnungslose Schicksal von Millionen Leprakran-ken in aller Welt.

Die Kamillianer ersuchen die Ixser um eine finanzielle Unterstützung für das Lepradorf Cha Pa Whai Ein Erlagschein liegt dieser Ausgabe bei

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