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Lepra gedeiht, wo es Menschen schlecht geht

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Laos in Südostasien:DasGebirgs-land ist bei uns weitgehend unbekannt. Seit dem Vietnamkrieg hat sich die ehemalige französische Kolonie von der westlichen Welt abgeschottet und dem Kommunismus verschrieben. Doch jetzt, nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums, öffnet sich das Land wieder vorsichtig - und das ganze menschliche Elend wird sichtbar. Zum Beispiel die Leprakranken.

Wie in allen I lungergebieten Ostasiens sind auch die Menschen in Laos dieser Krankheit hilflos ausgeliefert. Dabei ist Lepra mit modernen Medikamenten längst heilbar.

1993 hat man die Kamillianer als Fachleute der Leprabekämpfung aus dem benachbarten Thailand nach Laos gerufen. 1995 konnten sie in dem Dorf Khud Sambad ein erstes Krankenhaus einweihen. Ihr Know-how in der Leprabekämpfung geben sie von hier aus an Krankenschwestern und Gesundheitshelfer weiter.

Nächster Schritt im Kampf gegen die Lepra war die Übernahme der Verantwortung für drei Lepradörfer mit insgesamt 1.650 Bewohnern. Konkret bedeutet das neben der medizinischen Betreuung die Bekämpfung von Hunger und Unterernährung, die Versorgung mit sauberem Wasser und nicht zuletzt den Aufbau von Kindergärten und Schulen in den einzelnen Dörfern, um den gesunden Kindern der Leprakranken die Chance auf Arbeit und Einkommen zu geben.

Leprahilfsdienst in Indien: Mit mehr als acht Millionen Leprakranken liegt Indien weltweit an der Spitze. Seit 1980 arbeiten Kamillianer in dem Land. Zentrum ist die Fünf-Millionen-Metropole Bangalore im südindischen Bundesstaat Karnataka.

1993 wurde die Errichtung eines lepra- und Aidszentrums in Angriff genommen, das kurz vor seiner Vollendung steht. Der Schwerpunkt liegt neben der medizinischen Versorgung auf Hilfen zur Resozialisierung der Leprakranken durch besondere Ausbildungsprogramme, Hilfe bei der Wohnraumbeschaffung und Unterstützung bei kleinen landwirtschaftlichen und handwerklichen Projekten.

Im Bundesstaat Andhra Pradesh geht es um die Übernahme eines Lepradorfs. Zehn kleine Häuser bieten Platz für 20 Familien, doch mit weiterem Zustrom von Kranken ist zu rechnen. Auch hier schließt die medizinische Betreuung die Sorge um den täglichen Beis ein, zumal gerade ein Taifun die kargen Reisfelder der Bewohner vernichtet hat.

Benin in Westafrika: Laut UNO gehört Benin zu den 16 ärmsten Ländern der Welt. Im ganzen Land fehlt es an Medikamenten und gesundheitlichen Strukturen. Neben einem Krankenhaus unterhalten die Kamillianer ein Anti-Leprazentrum am Rande der alten Königsstadt Abomey. Bis zu 800 Leprakranke werden in den 40 Häusern der kleinen Siedlung jährlich betreut.

Seit mit österreichischer Hilfe ein neues Ambulatorium errichtet wurde, reißt die Schar der Hilfesuchenden nicht ab. Besonderes Gewicht legt man auch hier auf die Resozialisie-rung der Geheilten. Für einen Hausbau erhalten sie massive Unterstützung: Nur wer über ein eigenes Haus verfügt, ist als vollberechtigtes Mitglied der Dorfgemeinschaft anerkannt.

Für junge Afrikaner, die sich den Kamillianern anschließen wollen, entsteht in Ouidah ein neues Ausbildungshaus. Und unmittelbar daneben ist ein Heim für arme und verlassene Alte geplant sowie ein Ambulatorium für die von Lepra und anderen infektiösen Tropenkrankheiten geplagte Bevölkerung der Umgebung. So werden schon die jungen Kamillianer ganz praktisch in den

Dienst an den armen und kranken Menschen eingeführt.

Drei Länder - drei Stationen auf dem Weg der Leprabekämpfung. Noch immer sind zwölf Millionen Menschen weltweit von der gefürchteten Krankheit betroffen. Mit 800.000 Neuinfektionen jährlich ist zu rechnen, das sind 2.200 pro Tag. Vom hehren Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO, die Lepra bis zum Jahr 2000 auszurotten, ist man noch weit entfernt.

Hinzu kommt eine nicht abschätzbare Dunkelziffer. Denn schwerer als die durch die Le-pra hervorgerufenen Entstellungen des Körpers lastet noch immer die soziale Ausgrenzung auf den Erkrankten: Verstoß aus der eigenen Familie und Dorfgemeinschaft, Verlust von Arbeit und Einkommen.

Lepra ist eine Krankheit der Armut. Hunger, Unterernährung, schmutziges Trinkwasser sind die Hauptursachen. Die Lepra gedeiht dort gut, wo es den Menschen schlecht geht: in den Elendsvierteln der tropischen Millionenstädte und in den I lungerzonen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Solange solches Elend besteht, wird auch die Lepra ihre Opfer finden, trotz aller medizinischen Erfolge. Dabei könnte durchaus wirksam geholfen werden, wenn die Erkrankung früh erkannt und behandelt wird. Als erste Anzeichen gelten Flecken auf der Haut und Pigmentstörungen. Die Behandlungsdauer mit einer Kombination mehrerer Medikamente liegt zwischen sechs Monaten und zwei Jahren.

Doch die meisten sind bereits schwer gezeichnet von der Krankheit, wenn sie ein Arzt zu Gesicht bekommt. Dann helfen nur noch chir-urgische Eingriffe, um weitere Schädigungen an Händen und Füßen und im Gesicht zu verhindern, oder einfache Hilfen zum Weiterleben: Schuhe, Prothesen oder ein Rollstuhl.

Es ist ein großer Erfolg für die Menschheit, daß die Lepra unter Kontrolle gebracht werden konnte, dank großer medizinischer Fortschritte und vieler idealistisch gesonnener Helfer. Wir müssen aber weiterhelfen, sollen diese Erfolge nicht aufs Spiel gesetzt werden. Mitglieder des katholischen Krankenpflegeordens der Kamillianer arbeiten weltweit in der Ieprabekämpfung.

Das Programm der Kamillianer zum Kampf gegen die Lepra hat folgende Schwerpunkte:

■ Medikamente und Verbandmaterial. Die Heilung eines Leprakranken kostet bis zu 2.000 Schilling. Jeder Schilling trägt zur 1 Ieilung bei.

■ Prothesen und orthopädisches Schuhwerk. Eine Prothese kostet 500, ein Rollstuhl bis zu 5.000 Schilling.

■ Basismedizin und Gesundheitserziehung (Hygiene, gesunde Ernährung et cetera). Nur durch eine Änderung der Lebensverhältnisse kann die Lepra besiegt werden.

Der Autor ist

Leiter des Gesundheitsdienstes der Kamillianer.

Konten:

PSK 2482.200 BLZ 60000 - Raiba Wien Nr. 2.)17.)$2 BLZ 32900 Schelhammer & Schattera Nr. 165290 BLZ 19190 Kennwort Lepra

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