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Maria ist vollständig geheilt

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1992: 500 Jahre Lateinamerika. Vor 500 Jahren hat Christoph Kolumbus Amerika „entdeckt". Für die einen eine Großtat christlicher Seefahrt, für andere Anlaß zur Frage, wie man heute den Armen Lateinamerikas helfen kann.

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1992: 500 Jahre Lateinamerika. Vor 500 Jahren hat Christoph Kolumbus Amerika „entdeckt". Für die einen eine Großtat christlicher Seefahrt, für andere Anlaß zur Frage, wie man heute den Armen Lateinamerikas helfen kann.

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Zum Beispiel den Leprakranken. Auch in Lateinamerika zählen sie zu den Ärmsten der Armen. Auf600.000 bis eine Million schätzt man ihre Zahl allein in Brasilien. Diese Zahl wächst mit der Anzahl der Slums, Favelas und Elendshütten. Die geschätzten 15 bis 20 Millionen Leprakranken auf der Welt kommen zu 95 Prozent aus der ärmsten Gesellschaftsschicht.

Denn Lepra ist eine Folge wachsender Verelendung. Hunger, Unterernährung, Mangel an sauberem Trinkwasser und eine verfehlte beziehungsweise fehlende Gesundheitspolitik begünstigen ihre Ausbreitung.

In Brasilien ist das Schicksal der Leprakranken doppelt tragisch: Sozial geächtet, werden sie auch offiziell totgeschwiegen, weil es Lepra in einem modernen Industriestaat wie Brasilien nicht mehr geben darf. Wegen der körperlichen Verstümmelungen, der Erblindung und der sozialen Isolation zählt Lepra noch immer zu den schlimmsten Krankheiten der Welt. Dabei könnte auch den Lepra-kranken Brasiliens geholfen werden, wenn ihre Krankheit rechtzeitig erkannt und behandelt würde. Denn mit Hilfe moderner Medikamente ist sie längst heilbar.

Maria wog nur 20 Kilo

Maria lebt am Unterlauf des Amazonas im äußersten Norden Brasiliens, wo der Wasserunterschied zwischen Ebbe und Flut fünf Meter beträgt. Über tausend Flüsse mit verschmutztem Wasser münden hier in den Rio Amazonas. Das ganze Gebiet ist voll von Sümpfen, unendlichen Wäldern und ohne Straßen. Elend, Not, Krankheiten wie Malaria, Cholera, Wurmerkrankungen, Tuberkulose peinigen die Menschen. Man spricht von 250.000 Leprakranken allein in diesem Gebiet.

Der brasilianische Kamillianerpa-ter und Arzt Raul Matte erzählt: „Ich begegnete diesem leprakranken Mädchen in fortgeschrittenem Stadium. Ihre unteren Gliedmaßen waren fast verkümmert. Seit einem Jahr lag sie ständig auf einem Gitterbett. Ich hob sie auf und trug sie auf das Schiff. Sie war 18 Jahre alt, wog aber nicht mehr als 18 bis 20 Kilo. Nach sieben Stunden Fahrt mit dem Boot

flußabwärts erreichten wir mit unserer kostbaren Fracht das Krankenhaus. - Heute ist die junge Frau nach einer zweijährigen Behandlung wieder vollständig geheilt."

Pater Jose Raul Matte, Leiter des Krankenhauses und der Krankenpflegeschule in Macapä im Amapä-Ge-biet im Nordosten Brasiliens, arbeitet seit 1972 in der Bekämpfung der Leprakrankheit am Amazonas. Die drei Pfeiler des Gesundheitswesens in Brasilien heißen Vorbeugung, Basisnähe und Selbsthilfe. Mit einem Team von 150 Gesundheitshelfern hat Pater Raul in einem Gebiet von nicht weniger als 150 Quadratkilometern einen Basisgesundheitsdienst aufgebaut.

Früherkennung ist wichtig

Neben der Behandlung von Krankheiten und Versorgung mit Medikamenten gehören dazu die Präventivmedizin (Krankheitsvorsorge), Kurse für richtige Ernährung, Kinderpflege, Trinkwasserversorgung und Gesundheitserziehung. Ihr besonderes Augenmerk richten die Gesundheitshelfer auf erste Anzeichen der Lepra, denn Früherkennung ist die halbe Heilung. Nur die schwersten Fälle kommen in das Krankenhaus. Ziel ist es auch nicht, die Leprakranken in Lepradörfern zusammenzufassen, sondern sie in ihrer Familie und Dorfgemeinschaft zu belassen, hier ihre Wunden zu pflegen und sie mit den notwendigen Medikamenten zu versorgen. So kann auch die tödliche soziale Isolation endlich überwunden werden.

Der Kampf gegen die Lepra erfor-

dert einen hohen Einsatz. Aus christlicher Verantwortung und tiefer humanitärer Gesinnung hat Pater Raul sein Programm zu einer wirksamen Leprabekämpfung entworfen. Im wesentlichen sieht es drei Schritte vor: □ Das Aufspüren der Leprakranken und ihre Ermutigung, sich einer medizinischen Behandlung zu unterziehen. Das bedeutet, ihnen ärztliche Hilfe und Medikamente kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die für die Heilung eines Leprakranken erforder-lichen Medikamente kosten zirka 2.000 Schilling.

□ Medikamente gegen Lepra müssen regelmäßig eingenommen werden. Deshalb ist die Einrichtung einer flächendeckenden medizinischen Versorgung notwendig. Vom Zentrum Macapä aus betreut P. Raul Matte mit seinem Team neunzehn, größtenteils nur mit dem Boot erreichbare Außenstationen. Für die Betreuung der Gesundheitsstationen sind Fahrzeuge, Boote und Treibstoff erforderlich.

□ Dringend notwendig ist die Mitarbeit eines weiteren Facharztes. Ein solcher Arzt kostet monatlich zirka 12.000 Schilling. Mit Hilfe von Spenden aus Österreich soll ein solcher Arzt finanziert werden.

Leprahilfe am Amazonas - der Beitrag der Kamillianer zur 500-Jahr-Feier der Entdeckung Amerikas. Denn die Jubelfeiern in Europa und Amerika dürfen nicht dazu fuhren, daß die Armen und Kranken vergessen werden. Wir bitten Sie herzlich, uns bei der Finanzierung der Medikamente und der Arztkosten zu helfen und den totgeschwiegenen Leprakranken Brasiliens eine Chance zu geben.

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