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Schutz des Lehens

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Das Verhalten zum Schutz des menschlichen Lebens ist in unserer Gesellschaft zwiespältig, wenn nicht schizophren. Einerseits wird alles unternommen, um das Leben des Menschen zu retten. Die gesamte Medizin, das Gesundheitswesen, die Pharmaindustrie stehen im Dienst des Lebens. Andererseits sehen wir tatenlos zu, wenn Millionen von Menschen verhungern oder Menschen aus mitunter geringfügigen Gründen Selbstmord begehen oder Mitmenschen ermorden.

Es gibt auch die Tendenz, die Frage nach Leben und Tod der ethischen Verantwortung zu entziehen. Man verwendet Begriffe, die wertfrei sind: statt Abtreibung Schwangerschaftsunterbrechung, statt Selbstmord Sich-das-Leben-Neh-men, statt Tötung alter und kranker Menschen Sterbehilfe. Die Terroristen ermorden nicht ihre Geisel, sondern richten sie hin. Die Selbstjustiz, die durch das fünfte Gebot abgeschafft werden sollte, greift wieder um sich.

Angesichts dieser Situation ist das fünfte Gebot: ,JDu sollst nicht töten, nicht morden!“ von höchster Aktualität. Das fünfte Gebot, wie es im Alten und im Neuen Testament interpretiert wird, löst zwar nicht alle Einzelfragen, aber es gibt eine Grundrichtung an.

• Die Entscheidung über Leben und Tod ist eine Frage der menschlichen Verantwortung und damit der Moral. Der Mensch darf diese seine Verantwortung nicht verschleiern oder verleugnen, wie dies heute nicht selten geschieht.

• Die Entscheidung über Leben und Tod ist von so großer Wichtigkeit, daß sie grundsätzlich nicht dem einzelnen überlassen werden darf (gegen die Selbstjustiz).

• Der Mensch, gerade der Wehr- und Schutzlose, muß vor der Gewalttätigkeit der Mitmenschen geschützt werden, die so viel Unheil unter den Menschen anrichtet.

• Das Leben kann nicht wirksam geschützt werden, wenn nicht die Ursachen beseitigt werden: der Haß, der Zorn, die Gier nach Besitz, der Vergeltungsdrang, die Herzlosigkeit, die Ungerechtigkeit.

• Jede Humanisierung im Strafvollzug, wie auch die Abschaffung der Todesstrafe, entspricht den Grundintentionen der Bibel. Dies darf aber nicht dazu führen, daß Schutz- und Wehrlose der Gewalttätigkeit anderer ausgeliefert werden.

Wo solche und ähnliche Grundsätze beachtet und mit allen Mitteln gefördert werden, wird es auch möglich sein, in sehr schwierigen Fragen, wie zum Beispiel in der Frage der Notwehr einzelner oder von Gruppen oder gar Völkern, zu einer verantwortungsvollen Lösung zu kommen.

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