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Früher als in Europa geht in Asien die politische Saat der Erdölmanipulation auf. In Japan und in Indien münden die Energiekrisen in Regierungskrisen. Die wirtschaftliche Großmacht Asiens verliert infolge ihrer Energieknappheit den wirtschaftlichen Halt in den südostasiaitischen Staaten und zugleich das wiedergewonnene Selbstbewußtsein. Der — nach China — größte Staat Asiens wird durch die ölverteue-rung einen inflationistischen Wellenberg hochgetrieben. Niederlagen bei Provinzwahlen, Demonstrationen, die nur durch Polizeisalven unter Kontrolle gehalten werden, künden das Verblassen von Indira Gandhis Charisma an.

Die anderen Länder steuern in die Richtung einer kritischen Situation. Mit der Schließung der größten Kunstdüngerfabriken wegen Erdölverteuerung — vier davon in Japan — ist fast überall die Hoffnung auf eine „grüne Revolution“, auf landwirtschaftliche Umwälzung, versandet. Mit der Verteuerung des Petroleums sind in den Dörfern und in den Slums die meisten Lampen verlöscht.

Felder ohne Kunstdünger, Hütten ohne Licht haben die Verzweiflung der Unartikulierten vertieft, die Unruhe der Artikulierten verschärft. War das eingeplant? Wer hat es eingeplant? Wem könnte es nützen?

Seine Reise durch Südostasien schreckte Japans Ministerpräsidenten Tanaka aus allein Illusionen der harmonischen Beziehungen zur politischen Umwelt. Die antijapanischen Demonstrationen in Thailand, in Indonesien, auf dien Philippinen .zeigten dßrwWvn. derstand in Südostasien gegen Japans Politik der wirtschaftlichen Nachbarschaftsdurchdrin-gung. Diese antijapanische Welle wächst gerade in einer Zeit der angstgetriebenen Intensivierung der japanischen Investitionsunternehmen in den Ländern Asiens. Dem rohstoffhungrigen Industriestaat Japan sollen Investitionen in den rohstoffreichen Entwicklungsländern die lebensnotwendigen Grundmaterialien sichern. In Japan zeitigen aber handelspolitische Bedrohungen und außenpolitische Mißerfolge gleich innenpolitische Wirkunigen. Die offenen und die geheimein Gruppen des linken und des ultrarechten Nationalismus fordern „Los von den USA, näher zu Asien!“ Und sie gewinnen — die Fraktionen Innerhalb der Regierungspartei und die Parteien der Opposition — rapid an Boden.

In Delhi war Titos Besuch als große Show Zur Ablenkung aufgezogen worden. Der indischen Regierung hat der jugoslawische Präsident auch nicht geholfen. Der Patriarch der Blocklosen wußte keinen Ausweg aus der neuen Blocklosen-Gruppierung in Erdölbesitzer und Erdölpaupers. Für ein zum Teil industrialisiertes Entwicklungsland sind die Folgen der ölpreispolitik würgender als für ein Industrieland. Indien wird 1974 mehr als 60 Prozent seiner Gesamteinnahmen an Devisen für Erdölimponte zahlen müssen. Mit der Inflationsrate steigt die Arbeitslosigkeit. Was als unmöglich galt, trifft zu: Indira Gandhis Kongreßpartel verliert eine Provinzwahl nach der anderen.

Erdölknappheit und Erdölteuerung koninten in den Industriestaaten nur die Oberfläche gefährden. In Entwicklungsstaaten sind sie eine Gefahr für Kohäsion und Basis.

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