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Verloschen ist die letzte Leuchte...

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Zum siebentenmal bat Herbert von Karajan zu seinen Salzburger Osterspielen, und die allzeit treue Schar seiner Anhänger, vor allem aus deutscher Wirtschaft und Inlustrie, kam. Erstmals freilich begnügte er er sich mit ausschließlich aufgefrischten Inszenierungen: Zur Eröffnung mit Wagners „Rheingold“ in der Produktion von 1969, allerdings mit zahlreichen Neubesetzungen, und dann mit dem vorjährigen „Tristan“. Und 1974 werden — wie Karajan bereits früher ankündigte — eine Neuinszenierung der „Meistersinger'-1 und später des „Parsifal“ nachfolgen.

Wenn dieses „Rheingold“ trotz zahlreichen Ansatzpunkten zur Kritik dennoch immer wieder einen imponierenden Eindruck hinterläßt, dann ausschließlich dank der großartigen Intensität und überall präsenten [ Klangschönheit, mit der Karajan seine Berliner Philharmoniker spielen läßt. Mehr als einmal wünscht man sich, die etwas banale Szenerie Günther Schneider-Siemssens (Kostüme: Wakhewitsch) und des Maestros Regie einfach wegdenken zu können und bloß das symphonische Ereignis zu bewundern.

Unverständlich bleibt, daß dieser sensible Künstler Karajan gerade im Optischen derart undifferenzierten Geschmack entwickelt und zwischen den Regiealternativen eines Wieland Wagner und hartem Realismus sich bloß für einen modernistisch vordergründigen Pseudostil, in den Dekorationen für einen trotz Aufhellung noch immer finster-farblosen Projektionsillusionismus entscheidet. Kurz, man fragt sich nicht ganz unberechtigt, wie Karajan fünf Jahre nach der Entstehung dieser ein-

schichtigen „Rheingold“-Regie noch immer zu ihr stehen kann, zu einer Arbeit, die das vielschichtige Werk der tieferen geistesgeschichtlichen und gesellschaftspolitischen Ideen, der geistigen Lichteffekte und Leitgedanken völlig beraubt: „Verloschen ist die letzte Leuchte...“

Die Besetzung wirkte diesmal weniger unterschiedlich: Thomas Stewart ist noch immer ein stimmlich herrisch gebietender Wotan, blasser Leif Roar und Hermin Esser (Donner, Froh), verführerisch-gleißend Peter Schreier als Loge; in der Ge-

gensätzlichkeit der Partiengestaltung sehr überzeugend Zoltän Kelemen und Gerhard Stolze als Zwergenpaar; bei den Riesen ist Korl Rid-derbusch (Fasort) seinem Bruder Louis Hendrix weit überlegen. Ein kühles Damenaufgebot bei den Göttern: Brigitte Faßbaender (Fricka), Jeannine Altmeyer (Freia) und Birgit Finnilä (Erda). Star unter den Rheintöchtern: Edda Moser.

Der Jubel für Karajan und sein Ensemble war enthusiastisch wie stets.

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