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Auf Stein gebaut…

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Im Burgtheather kommt diese Posse in großer Staatstheatenauf- maehung heraus. Das von Roman Weyl erdachte Landhausinterieur wirkt überaus nobel, der groß angelegte Hof und die Scheune bei Krautkopf sind von penetrantem Naturalismus, der Nestroy fremd ist. Gewandte Regie von Otto Tausig, der sich freilich in den Krautkopfszenen an Gags nicht genugtun kann. Da auch die von Kurt Werner eingerichtete Musik von Adolph Müller sen. etwas üppig gerät, verliert das Verbale an Durchschlagskraft. Der Herr von Lips, den Nestroy spielte, wirtet in der Darstellung von Michael Heltau gewinnend liebenswürdig, ausgesprochen nett, die NestroysChe Schärfe fehlt. In den Krautkopfszenen ist er allzusehr nur noch ein possenhafter Bauemkneoht. Der Schlosser Gluthammer erhält durch Fritz Muliar in aller Vehemenz saftige Derbheit. Das Durchtriebene der Madame Schleyer bietet Jane Tilden witzig dar. Eva Riech, bleibt als Kathi blaß, was gerade bei dieser Rolle nicht sein müßte. Die Wirrnisse des schlichten Krautkopf macht Hugo Gottschlich glaubhaft. Von Fritz Herrmann stammen trefflich aktuelle und auch hausbezogene Zusatzstrophen für die Couplets.

Wieder läßt ein englischer Autor, wie schon Christopher Fry, ein Stück in Österreich während der Revolution von 1848 spielen. Es ist dies das „Lehrstück in Blut und Rosen” von John Wiles, das in der Werkstatt — Theater am Kärntnertor, zur.

Richard Wagners „Ring”-Tetra- logie, trotz enormer Publikumsnachfrage in dieser Saison offenbar überhaupt nur einmal im^Repertoirepro- gramm, verspricht trotz aller erschreckenden Schlampereien dieses Inszenierungsfragments „nach Herbert von Karajan” auch diesmal wieder eines der wenigen hervorragenden Ereignisse der Spielzeit 1974/75 zu werden: Zumindest waren die beiden Aufführungen von „Rheingold” und „Walküre” triumphale Erfolge, wie man sie im Haus am Ring längst allzu selten erlebt.

Die Basis für diesen Erfolg schafft zweifellos das Orchester unter Horst Stein, das trotz akutem Probenmangel Wagner mit erregender Konzentration, manchmal sogar mit überwältigender Klangschönheit spielt. Stein ist überhaupt in den letzten Jahren zu einem der imponierenden Wagner-Dirigenten der Nachfolgegeneration geworden: Ein Künstler, der abseits der Gigantenvorbilder Böhm, Karajan, Solti, Furtwängler, seinen Weg gefunden hat. In seinem Wagner-Bild versucht er quasi einen Mittelweg zu finden; das Kammermusikalische mancher Szenen, etwa im ersten Akt der „Walküre” modelliert er ebenso subtil und psychologisch einfühlig, wie er die großen Bravourpassagen des Orchesters und der Sänger bis zum Siedepunkt zu steigern vermag, und eigentlich durchwegs den großen Atem dieser Weltuntergangsvision spürbar macht.

Positiv ist zu vermerken, daß man diesmal den „Ring” vorwiegend mit einem einheitlichen Team besetzt hat: Thomas Stewart, in der „Walküre” um einiges stärker und auch bereit, das Material seines schönen, ausdrucksvollen Heldenbaritons intensiver auszuschöpfen als im „Rheingold”, gestaltet die resignierende Gottheit Wotan mit erschütternder Sehnsucht nach dem Ende. Schönes sonores Material und die Weiche der Phrasierung sind seine Stärke. Daneben ein teilweise sogar fulminantes Team: Leonie Rysanek-Gausmann als leidenschaftliche Sieglinde, Christa Ludwig als Fricka (in der „Walküre”) mit warmem weichem Timbre, James King noch immer ein Siegmund mit imponierendem lyrischem Heldenglanz im schlanken Material, Ingrid Bjoner eine immerhin mit vollem Einsatz korrekt singende Brünnhilde, Karl Ridderbusch als düster-wilder Hunding, Heinz Zed- nik und Rolf Kühne als Zwergen- paar (vorbildliche Artikulation, sehr profiliert), und vor allem Peter Schreier: Der Idealfall eines Loge überhaupt. Diktion, Ausdrucksnuancen, Temperament, Darstellung stimmen perfekt zusammen.

Enttäuschend hingegen der Donner eines gewissen Robert Lauhöfer — warum er bloß aus Mannheim

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