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Zwölf Kinder starben im Schützengraben

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Die Friedens- und Entspannungsbeteuerungen der SED-Machthaber können die aggressiven Züge ihrer Politik nicht verbergen. Nur zu deutlich ist eine alle Bereiche des öffentlichen Lebens umfassende Militarisierung in der DDR erkennbar, die im Kindergarten mit der Erziehung zum Haß gegen den Westen beginnt. Wesentlichen Anteil an der vormilitärischen Erzie- hung hat die „Gesellschaft für Sport und Technik (GST)”. Seit 25 Jahren wird von dieser staatlichen Organisation die DDR-Jugend vormilitärisch ausgebildet.

Auf dem 6. Kongreß dieses paramilitärischen Verbandes erklärte Verteidigungsminister Armeegeneral Heinz Hoffmann, daß die wesentliche Aufgabe der Organisation darin bestehe, der jungen Generation ein großes Ausmaß militärischer Grundkenntnisse zu vermitteln und die Bereitschaft zu entwickeln, sich mit ganzem Einsatz für den Schutz des sozialistischen Weltsystems zur Verfügung zu stellen. Andere SED-Sprecher appellierten an die Mitglieder und Funktionäre der GST, schon die Acht- bis Zehnjährigen „mit dem Blick auf die angestrebten Erfolge von morgen beim Wehrsport und bei der vormilitärischen Ausbildung” für die regelmäßige Teilnahme am Wehrsport zu gewinnen. Nach Ansicht der GST-Füh- rung ist es „ganz im Sinne einer weiteren Stärkung der Verteidigungskraft des Sozialismus”, die Kinder „zielstrebig und kontinuierlich zu hohen wehrsportlichen Leistungen” zu führen.

Ungesagt blieb allerdings, daß während der vergangenen 25 Jahre Wehrerziehung bereits 12 Jugendliche bei vormilitärischen Kriegsspielen ums Leben kamen. Mit schweren Verletzungen mußten sich 1420 junge Menschen in klinische Behandlung begeben. Uber 4800 Jugendliche erlitten bei Kampfübungen leichte Verletzungen. Doch ungeachtet dessen werden die Bemühungen fortgesetzt, Kinder und Jugendliche vormilitärisch auszubilden.

Im wesentlichen umfaßt diese Wehrerziehung die Ausbildung der DDR-Jugendlichen an Karabiner, Maschinenpistole und am leichten Maschinengewehr. Über die vormilitärische Ausbildung hinaus, die als eine wertvolle Unterstützung der DDR- Streitkräfte bewertet werden muß, kommt auch in der GST der ideologischen Schulung eine wesentliche Aufgabe zu.

Aus dem Reservoir der GST erhält die Nationale Volksarmee jährlich perfekt vorgebildete Wehrpflichtige. Die Grundausbildung kann dann sogleich auf einem höheren Niveau beginnen und die vielgepriesene „hohe Gefechtsbereitschaft” der NVA ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen. 95 Prozent aller Jugendlichen in der DDR konnten in die vormilitärische Ausbildung integriert werden.

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