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JERZY TUROWICZ / BLICKRICHTUNG ZUKUNFT

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„Wir hoffen, daß der neue Weg, den die italienischen und französischen Kommunisten beschritten haben, trotz der Widerstände im Osten sich auch in den kommunistischen Staaten durchsetzen wird. Auf der anderen

Seite läßt die neue Linie der Kirche, der Päpste Johannes XXIII. und Paul VI. sowie des Konzils auch hoffen, daß in Zukunft die Distanzen geringer sein werden.“ Diese Sätze sind nicht die eines mehr oder minder kompetenten Beobachters, eines professionellen Optimisten, der aus sicherem Abstand über das Verhältnis von Kirche und Staat im Osten urteilt, sondern eines Mannes, der als Chefredakteur einer unabhängigen katholischen Wochenzeitung Polens im Mittelpunkt des Geschehens steht: Jerzy Turowicz, Chefredakteur von „Tygodnik Pows- zechny“, der „Furche“ freundschaftlich verbunden, stattete Wien, auf der Rückreise vom Pax-Romana-Kongreß in Lyon, einen Kurzbesuch ab.

Eigentlich ist Jerzy Turowicz nicht nur Pole, sondern auch Österreicher. In Krakau wurde er 1912 als solcher geboren, und dieser Stadt blieb er treu: als Gymnasiast, als Student der Geschichte und der Philosophie an der 1364 gegründeten Universität, als Funktionär der katholischen Studentenverbindung, als Mitarbeiter der internationalen Pax-Romana-Bewegung und als Journalist. 1938 trat er in die Redaktion der christlich-demokratischen Tageszeitung Krakaus ein und wurde bereits 1939 Chefredakteur — zwei Monate vor Kriegsbeginn. Die deutsche Okkupation bedeutete das Ende dieser Tätigkeit. Turowicz arbeitete nun vor allem publizistisch für die Untergrundbewegung, und wenn er heute diese gefahrvolle Tätigkeit erwähnt, so macht er dies mit einer Selbstverständlichkeit, die bei vielen Polen verblüfft.

Sofort nach dem Krieg wurde er Chefredakteur von „Tygodnik Powszechny“ („Allgemeine

Wochenzeitung“). In den folgenden Jahren wurden Schritt für Schritt die demokratischen Freiheiten beseitigt, und 1953 war das Ende für die katholischen Zeitungen gekommen; das heißt, „Tygodnik Powszechny“ erschien zwar weiter, aber eine völlig neue Redaktion hatte das Blatt übernommen — die „Pax“-Bewe- gung hatte sich der Zeitung angenommen, um sie völlig im Sinn des stalinistischen Regimes zu führen. Turowicz mußte sich in den folgenden Jahren mit Gelegenheitsarbeiten durchschlagen. 1956, im Jahre Null des neuen Polens, konnte er wieder die Redaktion des „Tygodnik Powszechny“ übernehmen.

Seither ist „Tygodnik Powszechny“, der katholischen Hierarchie und der „Znak“-Gruppe im Sejm eng verbunden, ein Spiegel des Auf und Ab der Hoffnungen der polnischen Katholiken. „Die Zukunft wird sicher nicht leicht sein“, meint Jerzy Turowicz, dessen Buch „Christ in der modernen Welt“ vor zwei Jahren erschienen ist, „trotzdem wird die Erneuerung der Kirche noch größere Möglichkeiten zur Erfüllung ihrer wesentlichen Aufgaben bieten, als es das vergangene Jahrtausend vermocht hat."

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