"Spenden Sie Nächstenhilfe"

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"Spenden Sie Nächstenhilfe" - mit diesem ungewöhnlichen Aufruf läuten die freiwilligen Helfer und Helferinnen der Caritas die diesjährige Haussammlung in Oberösterreich nicht nur sprichwörtlich ein.

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"Spenden Sie Nächstenhilfe" - mit diesem ungewöhnlichen Aufruf läuten die freiwilligen Helfer und Helferinnen der Caritas die diesjährige Haussammlung in Oberösterreich nicht nur sprichwörtlich ein.

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Unzählige Türklingeln müssen betätigt werden, damit die Haussammler mit ihrem Anliegen vorstellig werden können. Gesammelt wird für notleidende und armutsgefährdete Menschen in Oberösterreich. Die Wortschöpfung "Nächstenhilfe" möchte bewußt den christlichen Hintergrund der Caritas hervorheben.

Das besondere dieser Sammelaktion ist, daß die Mitarbeiter der Pfarrcaritas von Haus zu Haus gehen, mit den Bewohnern Gespräche führen und so insgesamt an die 400.000 persönlichen Kontakte knüpfen. Zwar hört man mancherorts, das Von-Tür-zu-Tür-Gehen sei längst veraltet, dennoch: die jährlichen Einnahmen der Caritas durch die Haussammlung zeichnen ein anderes Bild. Mit über 19 Millionen Schilling an Spendengeldern (Ergebnis 1997) ist diese Aktion erfolgreich - und zudem die wichstigste Spendenquelle der Caritas.

In 492 oberösterreichischen Pfarren waren letztes Jahr 8.000 ehrenamtliche Mitarbeiter einen Monat lang unterwegs, um Geld aufzutreiben für jene, die am Rand des Existenzminimums leben. In Oberösterreich gibt es an die 20.000 Familien, die als "armutsgefährdet" eingestuft werden. Armutsgefährdet ist, wer mit weniger als der Hälfte des Geldes auskommen muß, das der Durchschnittsösterreicher ausgeben kann. Neue Armut bedeutet, von der Wohlstandsgesellschaft ausgeschlossen zu werden, betroffen sind davon Mehrkindfamilien, Alleinerzieher, Pensionisten und Ausländer.

Die meisten Ausgaben hat die Caritas daher auch in der Sparte Sozialhilfe: 57 Prozent der Spendengelder werden dafür verwendet. Neben Beratungsgesprächen, die helfen, die momentane Lebenssituation realistisch einzuschätzen, gibt es auch finanzielle Unterstützung, wie etwa die Übernahme der Kosten für die Reparatur der Waschmaschine, die Begleichung eines Mietrückstandes oder die Anschaffung von Winterkleidung.

Für die Flüchtlings- und Gastarbeiterberatung werden 15 Prozent ausgegeben, für die örtliche Pfarrcaritas zehn Prozent. Der Verwaltungsaufwand ist mit weniger als drei Prozent vergleichsweise gering.

Hat die alljährliche Haussammlung auch vorrangig das Ziel, konkrete Hilfestellung in Krisensituationen zu ermöglichen, so ist ein weiterer Aspekt die pastorale Bedeutung dieser Aktion: Zumindest hier präsentiere sich eine Kirche, die zu den Menschen geht und an verschlossene Türen klopft, so die Caritas. Denn manchmal ergibt sich im Stiegenhaus auch ein Gespräch über die Kirche, Gott und die Welt, und das ist für viele immerhin der einzige persönliche Kontakt mit der katholischen Kirche im Lauf des Jahres.

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